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Politik: Bittere Töne

Die Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach besucht Polen

Ein bizarres Werbeplakat begrüßte die Besucherin aus Deutschland am Dienstag in Polens Hauptstadt. Mit einer Hakenkreuz- Binde versehen thront die in SS-Uniform gekleidete Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, auf dem breiten Rücken von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Als „deutsches trojanisches Pferd“ bezeichnet die Zeitschrift „Wprost“ auf ihrer Titelseite das merkwürdige Reiter-Gespann. Wenn die Polen, „inspiriert“ durch Steinbach, den Nachbarn die „Rechnung“ für den Weltkrieg präsentieren würden, könnten sie dank der fälligen Reparationszahlungen auf dem Niveau der Italiener leben, wütet Chefredakteur Marek Krol.

Angespannt lächelnd lässt die in Polen so umstrittene Christdemokratin im Konferenzsaal der Zeitung „Rzeczpospolita“ das Blitzlichtgewitter über sich ergehen. „Sehr ernst“ nehme sie die polnischen Ängste, müht sie sich, die Vorbehalte der Gastgeber zu zerstreuen. „Erschrocken“ sei sie von der Heftigkeit der Reaktionen: „Ich möchte nicht, dass die Polen denken, wir wollen die Geschichte umschreiben.“

Doch genau dies werfen ihr ihre Kritiker in Polen vor. Kaum ein Thema erregt zwischen Oder und Bug derzeit so die Gemüter wie die vom BdV losgetretene Debatte über die Errichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin. Nicht nur der Argwohn gegenüber der BdV-Vorsitzenden, die im Bundestag einst gegen die Ratifizierung der deutsch-polnischen Verträge stimmte, mehrt jenseits der Oder das Misstrauen. Dass auch manche Grüne und Sozialdemokraten sich hinter den BdV-Vorschlag scharen, nährt bei den Nachbarn die Befürchtung, dass sich die Nachbarn in eine Opferrolle und aus der Verantwortung für die Folgen des Zweiten Weltkriegs flüchten wollen.

Die „bitteren Töne“ erklärt der frühere Botschafter Janusz Reiter mit der „persönlichen Enttäuschung“ vieler Polen, dass ihre Sorgen in Deutschland nicht verstanden werden: „Das vorliegende Konzept für ein Vertriebenenzentrum ist nur dazu geeignet, Unverständnis und Ängste zu wecken.“

Thomas Roser[Warschau]

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