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Politik: Bloß nicht so viele Gesetze

Die Arbeitsagentur warnt die Politiker vor der Hartz-Revision: Zu viel Neues störe bei der Vermittlung

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will sich in diesem Jahr darauf konzentrieren, mehr Langzeitarbeitslose am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu lassen. „Die Chancen dazu sind da“, sagte BA-Vizevorstand Heinrich Alt am Montag. Während vom Abbau der Arbeitslosigkeit im letzten Jahr vor allem gut qualifizierte Kurzzeitarbeitslose profitiert hätten, werde nun in einigen Regionen Deutschlands über Fachkräftemangel berichtet. Damit eröffneten sich Jobchancen auch für Hartz-IV-Empfänger. Alt versprach, die rund 350 Arbeitsagenturen und die sogenannten Optionskommunen, die sich um die Hartz-IV-Empfänger kümmern, würden sich in diesem Jahr verstärkt mit der Integration dieser Menschen in den ersten Arbeitsmarkt befassen. Der BA-Vorstand kündigte eine „Integrationsoffensive“ an.

Weil ein großer Teil der Hartz-IV- Empfänger keinen Berufsabschluss, zum Teil noch nicht einmal einen Schulabschluss, hat und nicht selten sogar in zweiter Generation noch nie selbst berufstätig war, müssen die Jobcenter in beinahe jedem Fall vor einer Vermittlung Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen finanzieren oder Lohnkostenzuschüsse zahlen. Anders als im zurückliegenden Jahr hätten die Arbeitsagenturen jedoch in diesem Jahr dafür Planungs- und Finanzierungssicherheit, sagte der BA-Vorstand. Den Agenturen stehen für solche Eingliederungsmaßnahmen rund 5,5 Milliarden Euro zu Verfügung.

Dass diese Fördermittel, die der Bund zur Verfügung stellt, im vergangenen Jahr – auch in Berlin – nicht vollständig abgerufen wurden, erklärte Alt mit „Anfangsproblemen“ und der vorläufigen Haushaltsführung des Bundes Anfang 2006. Durch den Regierungswechsel 2005 wurde der Etat des Bundes für das Jahr 2006 nicht im Dezember 2005 sondern erst im Frühjahr verabschiedet. Nach Alts Worten haben 2006 rund 30 Prozent oder mehr als eine Million Empfänger von Arbeitslosengeld II eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt gefunden. Dazu zählt auch eine Berufsausbildung. Beinahe genauso viele Menschen sind aus der Langzeitarbeitslosigkeit in Rente gegangen oder hätten sich abgemeldet, weil ihre Partner zu viel Geld verdienen. Knapp 700 000 Menschen seien in Beschäftigungsmaßnahmen, etwa Ein-Euro-Jobs, vermittelt worden. Insgesamt hätten so rund 3,7 Millionen Langzeitarbeitslose das Hartz-IV-System verlassen. Dem stünden jedoch 3,2 Millionen Zugänge und rund 340 000 Menschen gegenüber, die nach dem Jobverlust ein Jahr keine Anstellung gefunden und damit in das Hatz-IV-System gerutscht seien.

Der Vorstand der Bundesagentur warnte die Bundespolitik davor, durch allzu umfangreiche Neuregelungen erneut „Unruhe“ in die Arbeit der Agenturen zu tragen. Das laufende Jahr müsse ein „Jahr der Konsolidierung“ werden und nicht zu einer „Generalrevision“ genutzt werden. Dass es dennoch zu Veränderungen im Hartz-IV-System kommen wird – wie sie die Bundesregierung für diesen Sommer angekündigt hat –, bezeichnete Alt als „normal“. Schließlich bestehe das System erst 26 Monate. Der BA-Vorstand lobte vor allem „beschäftigungsbegleitende Maßnahmen“ wie Lohnkostenzuschüsse. Sie hätten positive Wirkung erzielt. 60 Prozent der Geförderten hätten auch nach Auslaufen der Zuschüsse ihre Stelle behalten.

In den Arbeitsagenturen und Jobcentern betreuen rund 53 000 Mitarbeiter Langzeitarbeitslose. Nur rund die Hälfte von ihnen ist jedoch in der Jobvermittlung – und nicht in der Berechnung von Hilfeleistungen und der Verwaltung – tätig. Alt kündigte an, dass sich in Zukunft immer mehr Mitarbeiter mit der Vermittlung befassen würden, damit den Langzeitarbeitslosen zielgenauere und raschere Hilfe bei der Jobsuche angeboten werden kann.

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