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Politik: Böhmers Erbe

Sachsen-Anhalts CDU murrt über das neue Kabinett – und rätselt über einen Nachfolger für den Landesvater

Von Matthias Schlegel

Berlin/Magdeburg - Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer hatte vor Beginn des CDU-Landesparteitages am Mittwoch in Aschersleben mit Ungemach gerechnet: Für die Vier-zu- vier-Aufteilung der Ministerämter unter CDU und SPD im neuen Magdeburger Kabinett werde er „nicht nur Lob ernten“, vermutete er. Die Junge Union machte ihrem Ärger ungebremst Luft: Das Ergebnis sei „nicht verständlich“ und werde dem Wählerwillen nicht gerecht – bei der Landtagswahl am 26. März hatte die CDU 15 Prozentpunkte vor der SPD gelegen. Dennoch billigte der Parteitag den Koalitionsvertrag mit der SPD mit lediglich neun Gegenstimmen. Junge-Union-Chef Markus Kurze, sagte, trotz der Kritik an der Ressortverteilung wolle man keine „Zweckregierung“ in Sachsen-Anhalt verhindern.

Diejenigen in der CDU, die sich den erstaunlich zügig zustande gekommenen Koalitionsvertrag nicht durch Personaldebatten zerreden lassen wollten, waren längst auf die kompromissfähige Sprachregelung eingeschwenkt: Mit dem Ministerpräsidenten und dem Staatskanzleichef verfüge die CDU insgesamt über sechs Kabinettsposten, außerdem habe sie sechs und die SPD nur vier Staatssekretäre. Im Übrigen habe die CDU inhaltlich eine Menge herausgeholt und dafür eben Zugeständnisse beim Personal gemacht.

Doch ein anderes Problem beschäftigt viele in der CDU: Der 70-jährige Regierungschef hat bei der Neubesetzung des Kabinetts Mut zur Verjüngung vermissen lassen. So stieß nur der bisher als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium tätige und als Arbeitsmarkt- Experte geschätzte 52-jährige Reiner Haseloff an die Spitze eines Ressorts vor. Die auf ihren Posten verbliebenen Karl-Heinz Daehre (62/Landesentwicklung und Verkehr), Petra Wernicke (53/Landwirtschaft und Umwelt) und Rainer Robra (54/Staatskanzleichef) stehen nicht unbedingt für einen Aufbruch, den das Land angesichts verheerender Demografiewerte und hoher Arbeitslosigkeit nötig hätte.

In der Frage der Nachfolge als Regierungschef wird sich die Aufmerksamkeit nun auf Haseloff konzentrieren. Denn dass Böhmer nicht bis zum Ende der – erstmals fünfjährigen – Legislaturperiode im Amt bleiben wird, gilt als sicher. Bisher hatte Böhmer entsprechende Anfragen in der ihm eigenen Art schroff zurückgewiesen: Da solle man sich mal nicht sorgen – er werde das rechtzeitig klären. Haseloff wohnt wie Böhmer in Wittenberg, er gilt als dessen enger Vertrauter. Der studierte Physiker, der nach der Wende Vize-Landrat und Arbeitsamtsdirektor war, ist zwar schon seit 1994 stellvertretender CDU-Landeschef, außerhalb der Partei aber wenig bekannt.

Andere personelle Alternativen hat Böhmer kaum noch. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Webel ist zwar seit anderthalb Jahrzehnten durchaus erfolgreicher Landrat im Ohrekreis und gehört seit 1990 dem Landtag an. Doch er gilt als zu hemdsärmlig für das höchste Regierungsamt. Verkehrsminister Daehre, von 1991 bis 1994 bereits einmal Bauminister in Magdeburg und danach fünf Jahre lang CDU- Landeschef, ist ein Mann mit hoher Popularität, der über ein engmaschiges Netz an Verbindungen in Partei und Region verfügt. Aber er ist schon 62.

Einer, der große Sympathien Böhmers besitzt, ist der alte und neue Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz. Der 51-jährige hat nur ein entscheidendes Manko: Er ist parteilos und hat trotz Gegrummels in der CDU bislang keine Neigung gezeigt, der Partei beizutreten.

Neue Regierungssprecherin in Magdeburg wird Monika Zimmermann. Die Journalistin arbeitete zuletzt für die „Mitteldeutsche Zeitung“ in Halle. In den 90er Jahren war sie Chefredakteurin des Tagesspiegels.

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