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Politik: Bremen: Streit um Posten und ums Geld

SPD-Basis verärgert über Sozialressort für Grüne

Die Spitzenpolitiker von SPD und Grünen in Bremen haben am Dienstag ihren Koalitionsvertrag für die nächsten vier Jahre unterzeichnet. Zuvor hatten ein SPD-Landesparteitag und eine Grünen-Mitgliederversammlung die rund 140-seitige Vereinbarung gebilligt. Am morgigen Donnerstag wählt die Bürgerschaft die neue Landesregierung, den Senat – erneut mit Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) an der Spitze.

Die Fortsetzung der 2007 begonnenen Koalition wird von Konflikten begleitet. Fast ein Fünftel der SPD-Parteitagsdelegierten stimmte gegen den Vertrag oder enthielten sich – vor allem, weil die SPD erstmals ihre „Kernkompetenz“, das Sozialressort, dem Koalitionspartner überlässt. Die Grünen waren bei der Bürgerschaftswahl am 22. Mai zweitstärkste Kraft noch vor der CDU geworden; deshalb leiten sie statt bisher zwei künftig drei der insgesamt sieben Senatsressorts. Allerdings wurde das besonders große Sozialressort um zwei Bereiche verkleinert: Gesundheit und Arbeit werden künftig von anderen, weiterhin SPD-geführten Ressorts verwaltet.

Böhrnsen sagte am Dienstag dem Tagesspiegel, nur mit dieser Aufgabenverteilung sei es möglich, ohne Senatsvergrößerung das neue Kräfteverhältnis zwischen SPD und Grünen widerzuspiegeln und gleichzeitig das zu große Sozialressort zu verkleinern. Damit widersprach er auch der Forderung seiner Kritiker, die Grünen hätten lieber das Bildungsressort übernehmen sollen.

Die bisherige Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter will jetzt nur noch als einfache Abgeordnete arbeiten. Sie hatte bei der Bürgerschaftswahl das drittbeste Ergebnis der SPD-Kandidaten erzielt 8 078 Stimmen, während Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper nur 2 145 Personenstimmen bekam.

Belastet wird der Start in die neue Amtsperiode auch durch öffentlichen Unmut über den scheidenden Umweltsenator Reinhard Loske (52). Der grüne Klimaschutzexperte hatte drei Tage nach der Wahl überraschend erklärt, auf eine weitere Amtsperiode zu verzichten. Statt gleich zurückzutreten, bleibt er bis zur Wahl seines Nachfolgers Joachim Lohse am morgigen Donnerstag im Dienst – „um die Amtsgeschäfte ordentlich zu übergeben“, wie sein Sprecher sagt. Dadurch steigen Loskes Pensionsansprüche um rund 900 Euro im Monat für das komplett abgeleistete vierte Amtsjahr. Die Koalition erwägt jetzt, die Senatorenpension in künftigen Fällen nach kürzeren Zeitspannen zu bemessen.

Bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags sagte die Grünen-Landesvorsitzende Susan Ella-Mittrenga, dafür bekomme Rot-Grün „nicht den Nobelpreis für Literatur“. SPD-Chef Andreas Bovenschulte ergänzte: „Aber vielleicht den Nobelpreis für Ökonomie: mit leerem Beutel große Sprünge machen.“ Rot-Grün will die Schuldenbremse des Grundgesetzes auch in die Landesverfassung aufnehmen, aber auch eine „Privatisierungsbremse“ einfügen: Demnach dürften „wesentliche Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge“ nur nach einem Volksentscheid verkauft werden.

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