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Politik: „Bremsklötze wegschlagen“

Die Thesen der SPD-Spitze in Düsseldorf sollen kein Scheidungspapier sein. Noch hat Rot-Grün auch bei den Genossen viele Anhänger

Freundlich war die Antwort nicht. „Das ist ein typisch sozialdemokratisches Spiegelstrichpapier“, sagte Michael Vesper auf die Frage, wie er die Agenda der Genossen im größten Bundesland bewerte. Er fügte dann noch an, das Papier komme „nicht aus der Folterkammer, sondern eher aus der Rumpelkammer“. Der grüne Stellvertreter des Düsseldorfer Ministerpräsidenten Peer Steinbrück blieb damit seinem Kurs treu: Er kritisierte seinen Kabinettschef mächtig. Der zitierte ihn wenig später zu sich, um ihm zu sagen, dass er Worte wie Rumpelkammer für unangemessen hält.

Nachdem Vesper zu einem lange geplanten Vortrag vor der Unesco in Paris entschwunden war, redete Steinbrück vor allem mit seinen Genossen. „Ja, da gibt es noch Vermittlungsprobleme“, gab einer aus der Führungstruppe zu – und Steinbrück würde dem kaum widersprechen. „Die Partei darf nach der Agenda des Kanzlers jetzt nicht ein zweites Mal überfordert werden“, sagt Generalsekretär Michael Groschek. Der hat im Auftrag von Parteichef Harald Schartau eine Schnellpost auf den Weg gebracht, in der den bisher eher staunenden Genossen im Lande erklärt werden soll, warum die Krise in Düsseldorf so ernst ist. „Man kann sich Zeitpunkte nicht aussuchen“, erklärt Steinbrück und listet noch mal auf, warum Rot-Grün in NRW als Streitkoalition dasteht. Der Regierungschef fügt stets hinzu: „Wir können uns das angesichts von 900 000 Arbeitslosen im Lande nicht mehr leisten. Und deshalb will ich jetzt wissen: Was kommt da noch auf uns zu?“

Um das mit dem Koalitionspartner grundsätzlich zu diskutieren, hat er die 16 Seiten aufschreiben lassen und sie inzwischen mit dem Parteichef und der Fraktion abgestimmt. Dort hatte er am späten Dienstagabend nach gut dreistündiger Debatte alle Anwesenden überzeugt.

Wie groß der Spielraum ist, wird sich zunächst innerhalb der SPD entscheiden. Die Ortsverbände Bonn und Aachen haben schon Beschlüsse zu Gunsten von Rot-Grün gefasst. Schartau indes versucht sich in Diplomatie: „Das ist kein Scheidungspapier“, sagt er über Steinbrücks Vorlage. Und Fraktionschef Edgar Moron erklärt: „Wir wollen Bremsklötze wegschlagen.“ Ob die Grünen am Ende mitgehen werden, steht für Schartau, Steinbrück und Moron zurzeit nicht im Mittelpunkt. Sie haben den SPD-Landesparteitag am 14. Juni im Blick. Dort soll über das neue Papier abgestimmt werden – und eben noch nicht über die Koalition. Letztere Abstimmung wollen die Spitzengenossen noch tunlichst vermeiden. Noch können sie schlecht einschätzen, wie viele Delegierte Rot-Grün weiter treu bleiben wollen.

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