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Politik: BSE: Agrarminister als Verbraucherwart

In den Wahnsinn kommt Methode. Die neue Abteilung "Landwirtschaft, Umwelt und Lebensmittelsicherheit" im Landwirtschaftsministerium soll sich schwerpunktmäßig mit den Folgen des Rinderwahnsinns für die Landwirtschaft und die Verbraucher beschäftigen.

In den Wahnsinn kommt Methode. Die neue Abteilung "Landwirtschaft, Umwelt und Lebensmittelsicherheit" im Landwirtschaftsministerium soll sich schwerpunktmäßig mit den Folgen des Rinderwahnsinns für die Landwirtschaft und die Verbraucher beschäftigen. Rund 60 Mitarbeiter sollen in der neu geschaffenen Abteilung wirken, die noch im Dezember eingerichtet werden soll. Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke reagiert damit auf die Wünsche von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der hatte nicht nur eine Landwirtschaft "ohne Agrarfabriken" gefordert, sondern seinen Landwirtschaftsminister in der vergangenen Woche deutlich darauf hingewiesen, den Verbraucherschutz zum Thema Nummer eins seiner Politik zu machen.

Funke ist zwar offiziell für "Ernährung, Landwirtschaft und Forsten" zuständig, doch seine sechs Abteilungen im Bundeslandwirtschaftsministerium beschäftigen sich bislang nur mit Agrar-, Forst- und Fischereipolitik. Verbraucher fanden bislang nur im Gesundheitsministerium von Ministerin Andrea Fischer (Grüne) einen Schutz. Das will Schröder - Kanzler aller Verbraucher und Fleischesser - nicht länger hinnehmen. Im Bundesgesundheitsministerium existiert nämlich bereits eine Abteilung für "Verbraucherschutz und Veterinärmedizin". Ein Streit über die Kompetenzen der beiden Minister von SPD und Grünen ist somit absehbar.

Das Arbeitsverhältnis zwischen Fischer und Funke ist seit der Diskussion um ein Verbot von Tiermehl bereits vergiftet. Funke war und ist für Tiermehl als Kraftfutter, Fischer dagegen. Bei dieser Meinungsverschiedenheit ist es nicht geblieben. So hatte Fischer noch am Montag verhindert, dass Funke das Eilgesetz zur Tiermehlverfütterung abschwächt. Der Landwirtschaftsminister wollte, dass nur Säugetierreste nicht mehr verfüttert, Vogel- und Fischkadaver aber weiterhin ihren Artgenossen zum Fraß vorgeworfen werden dürfen. Nach dem am Samstag in Kraft getretenen Gesetz werden nun nur Fische weiterhin mit ihresgleichen gefüttert. In der Begründung heißt es, dass Fische schließlich auch in der Natur Fische fressen. Außerdem schütze die Fischzucht die Artenbestände in den Weltmeeren, heißt es im Landwirtschaftsministerium.

Die Gesundheitsministerin ist außerdem ebenso wie die Mehrheit der Abgeordneten im Agrarausschuss des Bundestages gegen eine Verfütterung von Tierfetten. Auch die aus Kadavern und Schlachtabfällen gewonnenen Fette sind ab sofort in Deutschland verboten. Das Landwirtschaftsministerium arbeitet jedoch an einer Eilverordnung, laut der Kälber weiterhin mit diesen Fetten als Milchersatzstoff aufgezogen werden sollen. Die Tierfette werden am Montag wohl auch die EU-Agrarminister auf ihrer Sondersitzung entzweien. Denn in dem Vorschlag der EU-Kommission für eine sechsmonatiges Tiermehlverbot in der EU tauchen Fette nicht auf. Sollten die EU-Minister die Fette aus ihrem befristeten Verbot ausnehmen, steht Deutschland allein in einem gemeinsamen Agrarmarkt.

Landwirtschaftsminister Funke wird also am Montag erneut zwischen seiner eigenen Überzeugung, der politischen Notwendigkeit und den nationalen Interessen abwägen müssen, wenn er sein Votum abgibt. Unter weiteren Druck hat ihn der Bundesrat am Freitag gebracht. Die Bundesländer haben einstimmig gefordert, dass Deutschland auch im Alleingang ein Importverbot für britisches Beef verhängt. Außerdem soll Deutschland in der EU dafür sorgen, dass über Großbritannien ein Exportverbot für Rindprodukte verhängt wird.

Ulrike Fokken

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