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Politik: BSE: Auch Rehe könnten auf einmal wahnsinnig werden

Wer denkt, bei Wild garantiert BSE-freies Fleisch zu genießen, liegt falsch. Zumindest kann eine Infektion der Waldtiere mit BSE oder verwandten Krankheiten nicht mehr ausgeschlossen werden, weil noch im Januar 2001 mit Tiermehl verunreinigtes Kraftfutter an frei laufendes Wild verfüttert wurde.

Wer denkt, bei Wild garantiert BSE-freies Fleisch zu genießen, liegt falsch. Zumindest kann eine Infektion der Waldtiere mit BSE oder verwandten Krankheiten nicht mehr ausgeschlossen werden, weil noch im Januar 2001 mit Tiermehl verunreinigtes Kraftfutter an frei laufendes Wild verfüttert wurde. "Auch bei Hirschen und Rehen besteht eine Gefahr, wenn infektiöses Material in der Nahrung ist", sagt Dieter Protz, Wissenschaftler am Bundesamt für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Querinfektionen seien dagegen unmöglich: Der über eine Kuhweide stolzierende Hirsch kann sich nicht bei Rindern anstecken.

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Weil in Baden-Württemberg mit Tiermehl verunreinigtes Wildfutter auftauchte, beschloss das dortige Landwirtschaftsministerium, tot aufgefundene Rehe ab sofort auf BSE zu testen. Dies hatte eine Expertenrunde mit Vertretern der Veterinärämter, des Landesjagdverbands und des Naturschutzbunds (NABU) empfohlen, Ergebnisse gibt es noch nicht. Mit Stichproben hatte der Naturschutzbund Mitte Januar Tiermehlverunreinigungen in für das Wild ausgelegtem Kraftfutter nachgewiesen. Eine Verordnung, die das verbietet, soll in Baden-Württemberg erst diese Woche in Kraft treten.

Obwohl in den letzten Monaten große Eile in den Umwelt- und Verbraucherministerien ausbrach, ist in manchen Bundesländern die Abgabe von tiermehlhaltigem Futter an Wild immer noch nicht verboten. Denn Fütterungsbestimmungen gehören zum Jagdrecht, und dafür sind die Länder zuständig. Das damalige Bundesministerium für Landwirtschaft wies im Dezember die Landesministerien auf diese Lücke hin - einige Länder haben es trotzdem verschlafen, ein schnelles Verbot zu erlassen.

In Niedersachsen und Sachsen gelten zurzeit noch keine Regelungen, die Tiermehl im Wildfutter klar verbieten. Nach dem sächsischen Waldgesetz ist die Wildfütterung in Winter-Notzeiten "mit ernährungsphysiologisch geeignetem Futter" erlaubt. Genauer umgrenzen soll dies eine Verordnung, die erst bis zum Ende dieses Jahres in Kraft treten soll. Auch das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hat bis jetzt getrödelt, will aber nun schneller sein: Innerhalb der nächsten Woche soll Tiermehl im Wildfutter verboten sein.

Christian Domnitz

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