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Politik: BSE-Krise: Fischer und Funke treten zurück

Die BSE-Krise hat ihre ersten politischen Opfer gefordert. Am Dienstag abend traten Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) und Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) zurück.

Die BSE-Krise hat ihre ersten politischen Opfer gefordert. Am Dienstag abend traten Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) und Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) zurück. Beide übernahmen die politische Verantwortung für Schlampereien beim Umgang mit dem Rinderwahn und sagten, es habe letztlich keinen einzelnen Auslöser für ihre Schritte gegeben, es habe sich vielmehr um einen Prozess gehandelt. "Ich muss erkennen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Fähigkeit, BSE in ihrem Sinne zu lösen, erschüttert ist", sagte Fischer in Berlin.

"Ich war nie hundertprozentig überzeugt, dass Deutschland BSE-frei ist", sagte Fischer. "Mit Sicherheit" habe sie Fehler gemacht. Ihre Position sei vor allem durch die widersprüchlichen Vorgaben beim Rückruf von Wurst "zu geschwächt, um meine Ziele durchzusetzen". Es sei indes "etwas bizarr", dass ausgerechnet eine Grüne "als Erste die Verantwortung für den GAU der industriellen Landwirtschaft" übernehme, die die eigentliche Ursache für die Ausbreitung des Rinderwahns sei. "Es war nicht erwünscht, zu sagen, dass überhaupt ein Risiko bestand."

Das für Dienstag abend geplante gesellige Beisammensein des Kabinetts zum nachträglichen Neujahrsessen fiel aus. Grünen-Chef Fritz Kuhn kündigte für seine Partei an, man werde nicht nur über einen Nachfolger für Fischer beraten, sondern auch über "Zuschnitt und Struktur" der Ressorts sprechen. Die Beratungen begannen noch am Dienstag abend bei einer Koalitionsrunde im Kanzleramt. Als Nachfolgekandidaten gelten die NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (für Fischer) und Staatssekretär Martin Wille (für Funke).

Die Regierung Gerhard Schröders verlor mit den Rücktritten Fischers und Funkes ihren sechsten und siebten Minister. Vom Schritt Fischers war vorab auch ihr engstes Umfeld nicht informiert worden. Die Gesundheitsministerin teilte am Nachmittag Außenminister Fischer und Kuhn mit, sie wolle zurücktreten, und informierte Schröder. Joschka Fischer beriet anschließend in Telefonaten mit Umweltminister Trittin, der auf Gomera Urlaub macht, und dem Kanzler die Lage, die die Koalition offenbar unvorbereitet traf. Beide Minister hatten seit dem ersten deutschen BSE-Fall Ende November in der Kritik gestanden, mit einem unmittelbar bevorstehenden Rücktritt war indes nicht gerechnet worden.

So wurde von der Bundesregierung bislang auch kein Nachfolge-Paket präsentiert. Aus Koalitionskreisen hieß es, Bundeskanzler Schröder biete den Grünen die Wahl zwischen dem Gesundheits- und dem Agrar-Ressort an.

Schröder bekundete seinen "Respekt für den Schritt beider Minister" und nahm die Rücktritte an. Die Grünen-Vorsitzende Renate Künast dankte Fischer für ihre "wertvolle Arbeit" und nannte den Amtsverzicht "eine große menschliche Leistung". Fischer sagte, sie wolle sich künftig auf ihr Abgeordnetenmandat konzentrieren.

Die CSU wehrte unterdessen den wachsenden Druck auf ihre bayerischen Landesminister in den Ressorts Gesundheit und Landwirtschaft, nun ebenfalls zurückzutreten, energisch ab. Generalsekretär Thomas Goppel gab Berlin die Schuld an der BSE-Krise. "Wenn der Papst ein falsches Dogma ausgibt, muss nicht jeder Pfarrer zurücktreten", meinte der CSU-Politiker am Rande der Klausurtagung in Kreuth.

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