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Politik: Bürgerpartei – nein danke

In der CDU gibt es Widerstand gegen Pläne des Generalsekretärs

Auf einen Zählappell hat die CDU dann doch verzichtet, aber ansonsten ging es am Freitagvormittag ähnlich zu wie am Anfang einer Klassenfahrt. Bis 10 Uhr 30 hatten sich die Mitglieder des Bundesvorstands unter anderem vor der Parteizentrale in Berlin einzufinden, von wo aus sie dann mit Bussen ins brandenburgische Bad Saarow zur Vorstandsklausur kutschiert wurden. Doch von jener ausgelassenen Stimmung, die Schulausflüge und Wandertage gemeinhin auszeichnen, war nicht viel zu spüren. Kein Wunder, denn die Damen und Herren Vorstände sind mit schwerem Marschgepäck beladen – unter anderem einem 38 Seiten langen Papier mit der Überschrift: „CDU – Die Bürgerpartei“.

Dieser stolze Titel allerdings ist weniger als Zustandsbeschreibung, denn als Zielmarke gemeint. Denn die Christlich Demokratische Union Deutschlands will wieder mehr auf Tuchfühlung mit dem Lebensgefühl der Bürger gehen. Bei allgemeinen Beteuerungen belässt es der Text, der am heutigen Samstagvormittag im Bundesvorstand beraten werden soll, freilich nicht. Die von der Kommission „Bürgerpartei“ der CDU erarbeitete Beschlussvorlage wird sogar derart konkret, dass die Vereinigungen innerhalb der CDU das gesamte Papier verwerfen wollen.

Darauf haben sich am Freitag vor Beginn der Vorstandsklausur die Vorsitzenden einstimmig verständigt – vom Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und der Jungen Union (JU) über den Evangelischen Arbeitskreis (EAK), Frauen-Union und Senioren-Union bis hin zu den sich selten einig gebenden Sozialausschüssen (CDA) und Wirtschaftsrat. Denn diese im gesellschafts- und vorpolitischen Raum die Fühler der Union ausstreckenden Vereinigungen fühlen sich als Leidtragende der insbesondere von CDU- Generalsekretär Laurenz Meyer angestrengten Reform.

Schon den Titel des Reformpapiers „Bürgerpartei“ lehnen die Vereinigungsvorsitzenden rundweg ab, sie wollen stattdessen die CDU als „moderne Volkspartei“ verstanden wissen. Gravierender indes ist für sie der Versuch der Parteileitung, die Vereinigungen enger an die Kandarre zu nehmen und sich weitgehende Befugnisse für Eingriffe ins jeweilige Vereinigungsleben einzuräumen. Als Hermann Josef Arentz, der Chef der Arbeitnehmervereinigung in der CDU, unlängst das Kommissionspapier zugeschickt bekam, beschlich ihn das ungute Gefühl: „Hm, hm, hm, das Papier hat richtig Geschmäckle.“ Die CDU verfüge mit ihren Vereinigungen doch über „ein vorzügliches Instrument“, Nähe zu Volk und Bürgern herzustellen. Man wäre demnach „gut beraten, dies zu stärken, und nicht zu schwächen“. Scharf und einhellig wurde Laurenz Meyer im Kreis der Vorsitzenden auch kritisiert, weil er seine Beschlussvorlage auch mit „Abstimmungstricksereien“ in der Reformkommission durchgeboxt habe.

Angela Merkel für ihren Teil hat offenkundig schon gemerkt, dass der Reformeifer ihres Generalsekretärs wohl doch ein wenig über das Ziel hinausgeschossen ist. Maria Böhmer jedenfalls, die Vorsitzende der Frauen-Union, wusste ihren Vereinigungskollegen am Freitag immerhin zu berichten, wie einsichtig die Parteivorsitzende zwischenzeitlich geworden sei. So habe diese ihr unlängst gesagt: „Ich will nicht in die Geschichte als die CDU-Vorsitzende eingehen, die die Vereinigungen geschwächt beziehungsweise abgeschafft hat.“

Peter Siebenmorgen

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