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Bundestag: Klare Mehrheit für Gesundheitsreform erwartet

Nach monatelangen Kontroversen und zähen Verhandlungen in der großen Koalition soll die Gesundheitsreform heute den Bundestag passieren. Union und SPD rechnen trotz einiger Abweichler mit einer deutlichen Mehrheit.

Berlin - Der Bundesrat wird am 16. Februar endgültig abstimmen. In Kraft treten soll die Reform am 1. April. Die große Koalition hat im Bundestag mit 447 von 614 Abgeordneten eine klare Mehrheit. Bei einer Probeabstimmung hatte die SPD-Fraktion die Reform bei rund 30 Gegenstimmen gebilligt. In der Unions-Fraktion gab es 23 Nein-Stimmen.

Zu den zentralen Neuerungen des mehrere hundert Seiten starken Reformwerks zählen die Einführung des Gesundheitsfonds und einer Pflicht zur Versicherung im Jahr 2009. Von diesem Zeitpunkt an gilt für gesetzlich Versicherte ein bundesweit einheitlicher Beitragssatz. Nichtversicherte sollen künftig in die gesetzlichen und privaten Kassen zurückkehren können. Der Bundeszuschuss für gesetzliche Krankenkassen soll deutlich höher ausfallen als bisher geplant. Er wird in den kommenden Jahren schrittweise auf bis zu 14 Milliarden Euro erhöht.

Der Chef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, warf der großen Koalition einen Kniefall vor der Ärztelobby vor. In die Gesundheitsreform sei in letzter Minute ein Milliarden schweres "Geschenk für die Ärzte" hineingeraten, sagte Vöcking der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Durch eine geänderte Gebührenordnung erwartet er von 2009 an "eine Steigerung der Kosten ambulanter Leistungen in Höhe von fünf bis sieben Milliarden Euro". Allein dieser Punkt würde die Gesetzlichen Krankenkassen mit 0,5 bis 0,7 Beitragspunkten belasten, so Vöcking.

SPD-Experte warnt vor Belastung

Der SPD-Haushälter Carsten Schneider warnte vor einer riesigen Belastung für den Bundeshaushalt durch die geplanten höheren Steuerzuschüsse an die Krankenversicherung. Die Lücke in der Finanzplanung bezifferte Schneider in der "Frankfurter Rundschau" auf einen deutlich zweistelligen Milliardenbetrag. "Dann können alle Wünsche nach mehr Geld für Familien, für Forschung oder Infrastruktur nicht mehr erfüllt werden", sagte Schneider. Auch der Wirtschaftsweise Bert Rürup bemängelte, dass in dem Gesetz die Konkretisierung der Gegenfinanzierung fehlt.

Der Vorsitzende der Ärzte-Organisation Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, traut der Gesundheitsreform keine lange Haltbarkeit zu. Er sagte MDR Info: "Meine feste Prognose ist, wir werden noch im Jahr 2007 ein Nachbesserungsgesetz bekommen." Das Kernproblem im Gesundheitswesen werde nicht gelöst. "Die Kosten werden durch die Finanzierung nicht aufgefangen", kritisierte Montgomery. Das "absurde Instrument" Gesundheitsfonds diene nur dem Koalitionsfrieden, nicht aber der Medizin. (tso/dpa)

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