zum Hauptinhalt

Politik: Bundestag verabschiedet neues Stiftungsrecht

Auch Normalverdiener sollen sich angesprochen fühlen - Union und FDP kritisieren Reform als unzureichendTissy Bruns Der Bundestag hat mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit ein neues Stiftungsrecht beschlossen, das steuerliche Entlastungen vorsieht. Künftig können Bürger bis zu 40 000 Mark im Jahr steuerfrei an gemeinnützige Stiftungen spenden.

Auch Normalverdiener sollen sich angesprochen fühlen - Union und FDP kritisieren Reform als unzureichendTissy Bruns

Der Bundestag hat mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit ein neues Stiftungsrecht beschlossen, das steuerliche Entlastungen vorsieht. Künftig können Bürger bis zu 40 000 Mark im Jahr steuerfrei an gemeinnützige Stiftungen spenden. Dieser Steuervorteil kann rückwirkend zum 1. Januar 2000 geltend gemacht werden.

Sprecher von SPD und Grünen kündigten während der Bundestagsdebatte an, dass diesem ersten Schritt bald die Reform des Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch folgen solle. Vertreter von CDU, CSU und FDP kritisierten die Neuregelung als unzureichend, die PDS-Abgeordneten stimmten unterschiedlich ab.

Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) sagte, mit der Neuregelung des Steuerrechts sei das "erste und schwierigste Stück des Weges" bewältigt. "Die Koalition hat einen Durchbruch geschafft". Mit der Regelung eröffneten sich neue gesellschaftspolitische Chancen: "Stifter übernehmen Verantwortung für die Gemeinschaft." Naumann sprach von einer wachsenden Bereitschaft der Bürger, sich für gemeinnützige Zwecke im Bereich der Kunst oder zu sozialen Zwecken einzusetzen.

Mit dem neuen Gesetz sollten besonders normal verdienende Bürger angesprochen werden. Aber auch für die großen Vermögen werde mit dem Gesetz etwas getan. "Doch kann der Staat die großen Vermögen nicht mit steuerlichen Mitteln locken", sagte Naumann. Wichtig sei der Koalition, mit dem Gesetz eine neue Atmosphäre gegenüber den Bürgern zu schaffen, die sich für das Gemeinwohl engagieren wollen.

Für die Opposition hielten die kulturpolitischen Sprecher Norbert Lammert (CDU) und Hans-Joachim Otto (FDP) der rot-grünen Koalition Kleinmut vor. Die steuerliche Neuregelung sei "keine substanziell neue Initiative", sagte Lammert. Steuer- und Zivilrecht hätten im Zusammenhang behandelt werden müssen. "Statt der Posaunenklänge hört man nur eine dissonante Tröte", beklagte Otto. Union und FDP machten aber auch klar, dass sie die Neuregelung als ersten Schritt begrüßen. Lammert: "Wir stehen den Veränderungen selbstverständlich nicht im Wege." Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen), Initiatorin des Gesetzes, stellte die Reform in den Zusammenhang der rot-grünen Gesellschaftspolitik. "Wir brauchen den Begriff der Neuen Mitte nicht mehr", sagte Vollmer. "Rot-grün hat die Zivilgesellschaft ins Zentrum ihrer Politik gestellt." Sie kündigte an, dass die Reform der zivilrechtlichen Regelungen über die Stiftungen in dieser Legislaturperiode erfolgen werde. Diese werde einfach und transparent gefasst sein und müsse von dem Gedanken ausgehen, dass die Bürger ihr Geld frei von staatlicher Reglementierung für gemeinützige Stiftungen einsetzen können. Es müsse allerdings auch "missbrauchsfest" sein.

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth sagte, die Koaliton hätte einen größeren Schritt wagen müssen. Das Zivilrecht halte daran fest, "dass der Staat der beste Reglementierer ist." Die steuerlichen Neuregelungen bezeichnete sie als "kleinen, wichtigen Schritt". Das sei aber "nicht die Stiftungsreform, für die wir gearbeitet haben." Die Reform des Stiftungsrecht war bereits ein Vorhaben der alten Koalition, die damit aber an den Einsprüchen des Finanzministers gescheitert war.

Das heute beschlossene Gesetz war auch in der rot-grünen Koalition nicht unumstritten, obwohl es im Koalitionsvertrag der beiden Parteien festgeschrieben ist. Vorbehalte kamen auch hier aus dem Finanzministerium. Kulturstaatsminister Naumann wies in der Debatte darauf hin, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sich für das neue Recht stark eingesetzt habe. Das Gesetz sieht neben der Steuerbefreiung bis zu 40 000 Mark im Jahr weitere Veränderungen vor: Der Katalog der Stiftungszwecke ist um die Bereiche Sport und Umweltschutz erweitert worden.

Die bisher nur für Stiftungen der Wissenschaft und der Kultur möglichen Steuerfreibeträge bei Erbschaften werden auf alle gemeinnützigen Stiftungszwecke ausgeweitet. Stiftungen dürfen künftig bis zu einem Drittel ihrer Erträge für das eigenen Grundkapital zurücklegen, um langfristig leistungsfähig zu sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false