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Bundestagsdebatte: Tiefgreifende Meinungsunterschiede zur Finanzkrise

Die Auffassungen könnten kaum gegensätzlicher sein: Während Kanzlerin Merkel das Konjunkturpaket der Bundesregierung entschieden verteidigt, bekommt sie von der Opposition eine volle Breitseite.

Im Bundestag sind tiefgreifende Meinungsunterschiede zwischen Koalition und Opposition bei der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise zutage getreten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtfertigte in der Generaldebatte über den Haushalt das Konjunkturpaket der Regierung und zeigte sich zuversichtlich, die Krise bis 2010 überwinden zu können. "Wenn wir auf dem Fundament aufbauen, das Deutschland stark gemacht hat, werden wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen", sagte sie. Demgegenüber warf die Opposition der Kanzlerin Versagen auf ganzer Linie vor.

Die Bundesregierung wolle Brücken bauen, "damit es spätestens 2010 wieder besser wird", sagte Merkel. Deutschland habe schon früher große Herausforderungen gemeistert, fügte die Kanzlerin mit Blick auf die Nachkriegszeit und die Wiedervereinigung hinzu. "Deshalb werden wir es auch diesmal schaffen." Notwendig sei "eine Politik des Maßes, der Mitte und der praktischen Vernunft". Sie räumte ein, dass sich das Ausmaß der Krise bislang noch nicht abschätzen lasse. "Wir können nicht alle Entwicklungen voraussagen. Das gehört zur Wahrheit."

Kauder: "Nicht in Weltuntergangsstimmung verfallen"

Der Bund stellt nach den Worten Merkels insgesamt 32 Milliarden Euro zur Konjunkturbelebung bereit, die wiederum Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro auslösen sollen. Sie wies zugleich auf die Notwendigkeit weiterer Investitionen hin, etwa in Forschung und Bildung. Merkel bekannte sich außerdem zur Haushaltskonsolidierung. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts sollte wenn möglich in der kommenden Legislaturperiode geschafft werden. Die Regierungskoalition habe mit dem Konjunkturpaket sehr schnell reagiert und konkrete Antworten auf die Fragen der Menschen gegeben, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte: "Wir dürfen nicht in Weltuntergangsstimmung verfallen."

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte in der Debatte, ein starker und handlungsfähiger Staat sei in der Krise wichtiger denn je. Der Staat könne zwar nicht alles alles regeln, aber er könne den Rahmen für eine gestaltende Marktwirtschaft festlegen. Auch er äußerte die Hoffnung, Deutschland werde gestärkt aus der Krise hervorgehen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in der Debatte: "Der Haushalt 2009 zeigt, dass die Zeichen der Zeit erkannt sind und dass wir die Verantwortung in der Welt ernst nehmen."

Westerwelle wirft Regierung Untätigkeit vor

"Wir brauchen keine Regierung, die vor schwierigen Zeiten warnt, wir brauchen eine Regierung, die in schwierigen Zeiten handelt", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Das Problem der Regierung sei, dass sie keinen wirklichen gemeinsamen Weg aus der Krise finde, kritisierte er unter Hinweis auf die Differenzen zwischen Union und SPD. Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern müssten auch in Deutschland rasch die Steuern gesenkt werden.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Regierung vor, bislang nur "Allgemeinplätze" gegen die Krise geboten zu haben. Jetzt müsse der Mut aufgebracht werden, "Zukunft zu wagen". Mit Konsum und Wachstum könne es nicht weitergehen wie bisher. "Die Grundlagen des Industriezeitalters sind uns unterm Boden weggezogen." Die Brücke, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bauen wolle, gehe aber rückwärts, sagte sie mit Blick auf die Steuerbefreiung auch für Autos mit hohem Spritverbrauch.

Lafontaine kommt mit Fundamentalkritik

Linken-Chef Oskar Lafontaine warf der Regierung vor, sich an den falschen Grundsätzen zu orientieren. "Solange Sie der Meinung sind, eine niedrige Staatsquote sei erstrebenswert, können Sie sich Bildungsgipfelchen sparen", sagte er an die Adresse von Merkel. Solange am freien Kapitalverkehr festgehalten werde, könne die Krise nicht überwunden werden.

Vizeregierungssprecher Thomas Steg sagte, beim nächsten Koalitionsausschuss solle vor dem Hintergrund aktueller Zahlen geprüft werden, ob die bisherigen Konjunkturmaßnahmen ausreichten oder zusätzliche nötig seien. Die Spitzenrunde von Union und SPD trifft sich voraussichtlich am 5. Januar in Berlin. (mhz/AFP)

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