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Politik: Bundeswehr-Gelöbnis: Däubler-Gmelin: 20. Juli Aufstand des Mutes

Erstmals hat ein führender Repräsentant der Juden in Deutschland den Widerstand von Militärs gegen Hitler bei einem Bundeswehr-Gelöbnis gewürdigt. Zentralrats-Präsident Paul Spiegel bezeichnete den 20.

Erstmals hat ein führender Repräsentant der Juden in Deutschland den Widerstand von Militärs gegen Hitler bei einem Bundeswehr-Gelöbnis gewürdigt. Zentralrats-Präsident Paul Spiegel bezeichnete den 20. Juli 1944 am Freitag in Berlin als Symbol für den gesamten deutschen Widerstand gegen das Nazi-Regime. In der Feierstunde am Freitag im Bendlerblock in Berlin würdigte er in einer bewegenden Rede die Friedenspolitik der Bundeswehr, warnte vor einem neuen Rechtsextremismus in Deutschland und rief zu Zivilcourage auf: "Wer wieder wegschaut, macht sich schuldig." Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) dankte Spiegel für die Rede und bezeichnete sie als wichtigen Schritt für die Bundeswehr.

Schon am Nachmittag war mit Kranzniederlegungen der Widerstandskämpfer und Opfer des Nationalsozialismus gedacht worden. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin rief in der Berliner Gedenkstätte Plötzensee am Freitag zur Zivilcourage gegen Rechtsextremismus auf. "Wo auch immer sich rechtsextremistisches, menschenverachtendes Denken zeigt, muss jeder Einzelne dem entschieden entgegen treten." Das Attentat vom 20. Juli 1944 bezeichnete die SPD-Politikerin als "Aufstand des Muts und des Anstands".

Die beteiligten Männer und Frauen seien Vorbilder auch für die heutige Zeit. Ihre Ideale von Toleranz, Nächstenliebe und Menschenwürde seien unverzichtbar für jede lebenswerte, zukunftsfähige Gemeinschaft. Alle, die dies nicht begreifen wollten, müssten ermahnt und notfalls "mit der Kraft und der Macht des Rechtsstaats entschlossen in die Schranken" gewiesen werden.

Im Bendlerblock hatte eine Gruppe preußischer Offiziere das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 geplant. Unter den Verschwörern befand sich auch Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg, der die Bombe legte, die Hitler aber nur leicht verletzte. Nach dem Scheitern wurde die Kerngruppe der Verschwörer, darunter Stauffenberg, noch in der Nacht im heutigen Ehrenhof des Bendlerblocks standrechtlich erschossen.

Insgesamt wurden im Ehrenhof 30 Kränze von den Verfassungsorganen, Landesregierungen, Parteien und Verbänden sowie von den Botschaften der Länder Österreich, Armenien und Kasachstan zum Gedenken an die Opfer der Nazi-Diktatur niedergelegt.

Der Bendlerblock wurde zwischen 1911 und 1914 nach den Plänen der Architekten Heinrich Reinhard und Georg Süßenguth errichtet. In ihm waren das Reichsmarineamt und der Generalstab untergebracht. Nach 1918 zog das Reichswehrministerium der Weimarer Republik unter dem sozialdemokratischen Minister Gustav Noske in das Gebäude ein. Während des NS-Regimes residierten dort die Chefs des Truppenamtes und des Generalstabes sowie der Oberbefehlshaber des Heeres, die Seekriegsleitung und Teile des Abwehramtes unter Admiral Canaris. Heute hat das Verteidigungsministerium dort seinen zweiten Sitz.

Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sagte zur Feierstunde an der Gedenkstätte Plötzensee, der 20. Juli stehe dafür, dass Menschen nach reiflicher Prüfung ihrem Gewissen folgten statt einem Eid. Der Widerstand habe Hitler nicht gestürzt, aber ein moralisches Fundament für den demokratischen Neubeginn nach Kriegsende gelegt.

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