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Politik: Bundeswehr: Langer Weg zur Anerkennung

Einen Tag nachdem das Bundesverteidigungsministerium Aufklärung über den Umgang mit Radarstrahlung aus den 70er Jahren versprochen hat, verlangt der Bundeswehrverband Vorsorgemaßnahmen für die heutige Soldaten-Generation. Ein Sprecher von Verteidigungsminister Scharping (SPD) versicherte dem Tagesspiegel am Dienstag erneut, dass die Versäumnisse geklärt und den durch stark überhöhte Röntgenstrahlung erkrankten Menschen geholfen würde.

Einen Tag nachdem das Bundesverteidigungsministerium Aufklärung über den Umgang mit Radarstrahlung aus den 70er Jahren versprochen hat, verlangt der Bundeswehrverband Vorsorgemaßnahmen für die heutige Soldaten-Generation. Ein Sprecher von Verteidigungsminister Scharping (SPD) versicherte dem Tagesspiegel am Dienstag erneut, dass die Versäumnisse geklärt und den durch stark überhöhte Röntgenstrahlung erkrankten Menschen geholfen würde. "Wir streben Aufklärung und eine großzügige Regelung an", betonte der Sprecher. Auch die vom früheren "Zeit"-Herausgeber Theo Sommer geführte Kommission, die den Einsatz und das Risiko von uranabgereicherter Munition für die Soldaten untersucht, soll sich mit dem Thema befassen.

Doch das ist dem Bundeswehrverband (DBWV), der Interessenvertretung der deutschen Soldaten, nicht genug. "Wir brauchen die Beweislastumkehr, um die Männer entschädigen zu können", fordert Hans-Joachim Ahnert, Rechtsanwalt beim DBWV: "Der Dienstherr muss anerkennen, dass es einen Zusammenhang zwischen den Krebserkrankungen und dem Arbeitsplatz vor den Radargeräten gibt." Obgleich wissenschaftlich bis heute noch nicht erwiesen ist, ob es eine ursächliche Verbindung zwischen alten Bundeswehr-Radargeräten und Krebserkrankungen gibt, lässt die Zahl der Kranken- und Todesfälle den Verdacht zu: Die Uni Witten-Herdecke registrierte unter 99 früheren Radartechnikern, die in den 70er Jahren als Techniker für die Bundeswehr im Einsatz waren, 24 Krebstote und fast 70 Krebskranke. Eine Gruppe von Soldaten im Ruhestand hat Informationen über weitere 100 Fälle, von denen 30 verstorben und 70 erkrankt sind.

Bislang müssen die erkrankten Soldaten jeweils ihre Strahlendosis nachweisen, um Versorgungsansprüche wegen einer Wehrdienstbeschädigung geltend machen zu können. Auf die korrekten Unterlagen haben sie aber nicht immer Zugriff: Der Tagesspiegel hatte aus internen Bundeswehr-Dokumenten zitiert, die belegen, das bei den so genannten Strahlendosisabschätzungen in den 70er Jahren die tatsächlichen, deutlich überhöhten Werte gar nicht bekannt gegeben worden waren. Die Anträge der Soldaten auf Wehrdienstbeschädigung werden daher oft abgelehnt oder nur in Teilen anerkannt. Gehen die Betroffenen vor Gericht, müssen sie sich auf langwierige Prozesse einstellen, die sie aus gesundheitlichen Gründen nur selten wagen. Der Bundeswehrverband plädiert deshalb dafür, dass die Geschädigten nicht länger klagen müssen. Zugleich verlangt er angesichts der Unsicherheit über Gesundheitsrisiken weitere Vorsorgemaßnahmen: "Wir müssen in Zukunft sofort informiert werden, wenn Gesundheitsgefährdungen durch Radarstrahlung bekannt werden", sagt Hans-Joachim Ahnert. Es müsse zum Beispiel untersucht werden, ob nicht heute noch stark strahlende Radargeräte auf Schiffen der Marine installiert sind. "Da gibt es eine Grauzone", sagt Ahnert, "weil wir bislang nicht wissen, ob es sich bei den gesundheitsgefährdenden Instrumenten eindeutig nur um die alten Systeme handelt. Was machen wir, wenn Soldaten auch heute dieser erhöhten Strahlung ausgesetzt sind?" Zur Zeit des Kalten Krieges zwischen Ost und West seien bis in die 70er Jahre diese Radarsysteme nicht ersetzt worden.

Claudia Lepping

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