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Politik: Bundeswehrreform: Einigung in letzter Minute

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die bislang umfassendste Reform der Bundeswehr in die Wege geleitet. Möglich wurde der Beschluss über das Konzept von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) durch eine Einigung in letzter Minute auf die Grundzüge der Finanzierung.

Von Robert Birnbaum

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die bislang umfassendste Reform der Bundeswehr in die Wege geleitet. Möglich wurde der Beschluss über das Konzept von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) durch eine Einigung in letzter Minute auf die Grundzüge der Finanzierung. Streit droht aber über den Umgang mit überflüssigem Rüstungsmaterial. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) forderte im Kabinett, Deutschland dürfe solche Waffen nicht verkaufen.

Scharping hatte sich am Morgen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Finanzminister Hans Eichel (SPD) über die offenen Finanzfragen geeinigt. Nach Informationen des Tagesspiegel gestand Eichel zu, dass Scharping Erlöse aus der neu gegründeten Rüstungsagentur zu 80 Prozent behalten soll, maximal aber eine Milliarde Mark 2001 und 1,2 Milliarden Mark im folgenden Jahr. Eichel hatte bislang auf eine Obergrenze von 800 Millionen Mark gedrungen. Scharping darf außerdem Einsparungen an Betriebskosten und durch neue Beschaffungs- und Finanzierungsmethoden voll in Investitionen stecken. Der Verteidigungsminister sicherte im Gegenzug zu, dass der Wehretat wie geplant bis 2003 auf 45,7 Milliarden Mark absinkt und in den Folgejahren auf diesem Niveau fortgeschrieben wird. Er will die Gesamtreform und ihre Finanzierung ab dem Haushalt 2002 in einem über mehrere Jahre geltenden Programmgesetz festschreiben.

Fischer sagte dazu im Kabinett, es müsse sicher sein, dass nicht in einigen Jahren doch Finanzlücken aufträten, für die dann "mit dem Klingelbeutel" bei den anderen Ressorts Geld eingesammelt werde. Er forderte außerdem, überzählige Waffen dürften nicht verkauft, sondern müssten verschrottet werden. Deutschland dürfe nicht zum weltgrößten Waffenexporteur werden. Der Grünen-Minister verlangte ferner, dass Einsparungen, die sich möglicherweise durch eine geringere Zahl von Zivildienstleistenden ergeben, voll für freiwillige soziale Dienste verwendet werden müssten.

Scharping machte deutlich, dass er nicht daran denkt, auf den Verkauf von nicht mehr benötigten Waffen zu verzichten. Er erinnerte lediglich an die Rüstungsexportbestimmungen. Im übrigen bilde die Einigung mit Eichel eine "sehr verlässliche Grundlage" für den Umbau der Armee. Für Großvorhaben wie das neue Transportflugzeug würden vorerst nur Leertitel in den Haushalt eingestellt. Zweifel an der Finanzierbarkeit äußerte hingegen die Union.

Nach Scharpings Leitlinien soll die Bundeswehr von heute 340 000 Mann auf rund 280 000 Mann schrumpfen, davon 255 000 Mann verfügbare Einsatzkräfte. Die Wehrpflicht wird von zehn auf neun Monate verkürzt. Außerdem soll sie künftig in drei Abschnitten von sechs Monaten sowie zwei Mal sechs Wochen absolviert werden können.

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