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Politik: Bushs Rechtsberaterin gibt auf

Harriet Miers verzichtet auf Nominierung für das Oberste Gericht / Reaktion auf harte Kritik an Senat

New York - Der Brief erreichte das Weiße Haus am späten Mittwochabend. In dem Schreiben bat Harriet Miers Präsident George W. Bush, ihre Nominierung für einen Posten am Obersten Gerichtshof zurückzuziehen. Bush habe ihren Gesuchen „mit Widerwillen“ nachgegeben, ließ er am nächsten Tag verbreiten. Als Grund hatte Miers angegeben, sie sehe keine Möglichkeit, die von den Senatoren geforderten Unterlagen über ihre Tätigkeit als Beraterin des Weißen Hauses öffentlich zu machen. Auch Bush lehnte einen solchen Schritt stets ab. Er hätte seine Möglichkeiten untergraben, auch in Zukunft offene und ehrliche Ratschläge zu bekommen, schrieb er in seiner Stellungnahme zum Miers-Rückzug, der sich seit Tagen angedeutet hatte.

Der Schritt wurde in Washington als ein Schachzug gewertet, um Bushs Gesicht in der verfahrenen Angelegenheit wenigstens halbwegs zu wahren. Von Beginn an war seine Kandidatin für die Nachfolge der ausgeschiedenen Supreme Court-Richtern Sandra Day O’Connor auf scharfen Widerstand im Capitol Hill und vor allem in der eigenen Partei gestoßen. Den Republikanern war die Anwältin, die keinerlei Erfahrung als Richtern aufzuweisen hat, nicht konservativ genug. Sie erhoffen sich durch die Neubesetzung des Gerichts eine Revidierung wichtiger Entscheidungen etwa zur Legalisierung der Abtreibung und dem Einfluss von Religion auf den Staat.

Bush hatte den Kritikern nicht mehr zu bieten als die Versicherung, er kenne seine langjährige persönliche Rechtsberatern „von Herzen“. Darüber hinaus leistete sich Miers Patzer im Nominierungsprozess. So ließ das Senatskomitee, das über sie hätte abstimmen sollen, einen Fragebogen zurückgehen, weil es ihre Antworten unzureichend und gar „beleidigend“ fand – ein in der langen Geschichte des Nominierungsprozesses einmaliger Vorgang. Das Weiße Haus hatte zudem versucht, sie als treue Kirchgängerin und „wiedergeborene Christin“ anzupreisen, doch das genügte der konservativen Basis des Präsidenten nicht. Ihre mangelnde Qualifikation war unübersehbar, ihre politische Einstellung zu unberechenbar für einen Posten, den sie auf Lebenszeit übernommen hätte.

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