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Politik: Cameron blinkt nach Rechts

Britischer Premier: Wahlkampf gegen Zuwanderer

Noch nie hat ein britischer Premierminister so deutlich denen zugestimmt, die glauben, dass eine starke Zuwanderung den britischen „ way of life“ zerstört und Ghettos nicht integrierter Nachbarschaften schafft. Aber die Rede von David Cameron, des konservativen Regierungschefs, erfüllte mindestens einen Zweck: Er setzte sich vor entscheidenden Regionalwahlen Anfang Mai vom Koalitionspartner, den Liberaldemokraten, ab und zerstreute ein bisschen die Zweifel seiner Parteibasis, ob er überhaupt noch ein Tory sei. Noch bevor Cameron seine kompromisslose Rede zum Thema Zuwanderung hielt, wurde er vom Koalitionspartner schon kritisiert. „Eine unkluge Rede“, kommentierte Wirtschaftsminister Vince Cable von den Liberaldemokraten. Cameron riskiere, „den Extremismus anzufachen, den er und ich so vehement ablehnen“. Der liberale Vizepremier Nick Clegg hat die Rede „zur Kenntnis genommen, aber nicht gebilligt“.

Cameron kritisierte in der Rede vor konservativen Parteimitgliedern diejenigen, die wie Cable das Thema „aus Angst vor Extremismus“ verdrängten. Labour habe mit dieser Haltung Raum für extreme Gruppen wie die Britische Nationalpartei (BNP) geschaffen. Die BNP dagegen konterte, Cameron habe aus Opportunismus ihr Programm abgeschrieben. Die parteiübergreifende „Parlamentariergruppe für ausgewogene Migration“ lobte dagegen die „historische Weichenstellung“.

In 14 Jahren Labourregierung kamen 2,2 Millionen Menschen mehr nach Großbritannien als das Land verließen. Jeder siebte Arbeiter – vier Millionen – ist nicht in Großbritannien geboren. Diese von allen Parteien als „untragbar“ beurteilte Nettozuwanderung will Cameron senken.

„Wenn neue Leute in hoher Zahl in ein Viertel ziehen, nicht die gleiche Sprache sprechen, das in vielen Fällen gar nicht wollen und die Integration verweigern, schafft das Unwohlsein und Fragmentierung“, sagte der Premier. Die Koalition beschloss bereits unter Bauchschmerzen und Widerstand von Unternehmern und Universitäten, beide Nutznießer der Immigration, scharfe Maßnahmen. Die Einwanderung von Nicht- EU-Bürgern soll dieses Jahr auf 27 000 Facharbeiter mit Jobs und guten Gehältern beschränkt werden. Die Zahl der Studentenvisa wird um 80 000 gesenkt, um die fernzuhalten, die in Wahrheit zum Arbeiten kommen. Bedingungen für die Familienzusammenführung werden verschärft, es gibt neue Maßnahmen gegen Scheinehen und „Gesundheitstourismus“ – Illegale, die den kostenlosen staatlichen Gesundheitsdienst missbrauchen.

Aber Camerons zentrales Anliegen verknüpft die Einwanderungswelle mit dem Sozialstaat. Von den hunderttausenden in den letzten Jahren geschaffenen Jobs gingen 75 Prozent an Einwanderer. „Migranten füllen Lücken im Arbeitsmarkt, die von einem Sozialsystem offen gelassen werden, das Briten fürs Nichtarbeiten bezahlt“, sagte Cameron. „Wir werden der Einwanderung nie Herr, wenn wir nicht die Abhängigkeit vom Sozialsystem in den Griff bekommen.“

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