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Der britische Premier David Cameron will Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsident verhindern.

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EU-Gipfel: Cameron stemmt sich bis zuletzt gegen Juncker

Wird Jean-Claude Juncker EU-Kommissionspräsident? Auf dem EU-Gipfel läuft alles darauf hinaus. Doch der britische Premier David Cameron leistet immer noch vehement Widerstand.

Zuhause unter dem Dauerfeuer der Euroskeptiker, in Europa isoliert: Großbritanniens Premierminister David Cameron ist nicht zu beneiden. Er wollte in Sachen Europa Kante zeigen und muss am Freitag wohl doch als Verlierer zurück nach London. Trotz seines vehementen Widerstands halten seine Kollegen beim EU-Gipfel an dem Plan fest, den Luxemburger Jean-Claude Juncker als neuen Kommissionschef zu nominieren.

Es sei "kein Drama", dass in der Frage um einen der wichtigsten Posten in der EU keine Übereinkunft erzielt worden sei, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Auftakt des Gipfels am Donnerstag. Für Cameron könnte es sehr wohl eines werden. Seit Wochen hat er gegen Juncker geschossen, angeblich sogar mit dem EU-Austritt gedroht. Doch Großbritannien, seit vier Jahrzehnten eines der Schwergewichte der Union, hat sich nicht durchsetzen können.

David Cameron kämpft bis zur letzten Minute gegen Jean-Claude Juncker

Merkel scheint zu versuchen, Cameron noch einen das Gesicht wahrenden Abgang aus Brüssel zu ermöglichen. Wenn schon nicht bei der Personalie, will sie "bei den inhaltlichen Fragen ein hohes Maß an Gemeinsamkeit" suchen. Hier sei es möglich, dass die anderen Länder "ein Stück auf Großbritannien zugehen", sagte sie.

Doch praktisch ohne verbliebene Verbündete will Cameron bis zur letzten Minute kämpfen: Nach dem Abendessen mit seinen Kollegen am Donnerstag kündigte er für Freitag "harte Diskussionen" über die Personalie an. Für ihn gehe es um "eine Grundsatzfrage", sagte er der BBC. Cameron will einen Automatismus bei dem mächtigen Kommissionsposten unbedingt verhindern. Über diesen entschieden bisher die Staats- und Regierungschefs im Alleingang, mit Juncker soll erstmals der Spitzenkandidat der stärksten Partei bei der Europawahl in das Amt gehoben werden.

Gleichzeitig geht es für Cameron um ein Signal an die Briten: "Die Leute müssen sehen: Was ich ihnen sage, bekommen sie auch", sagte er. Cameron setzte deshalb eine Abstimmung über Juncker durch - wohl wissend, dass alles dagegen spricht, das notwendige Drittel der Länderstimmen für eine Entscheidung gegen den Luxemburger zusammen zu bekommen.

David Cameron steht auf verlorenem Posten

Nicht nur in Brüssel scheint der britische Premierminister in Sachen Europa auf verlorenem Posten. Vor einem Monat schafften es seine konservativen Tories nur auf einen kläglichen dritten Platz bei der Europawahl: Stärkste Kraft mit 28 Prozent der Stimmen wurde die EU-feindliche Partei Ukip. Ihr Chef Nigel Farage visiert nach seinem "Jahrhundertsieg" nun die Parlamentswahl im kommenden Jahr an.

Im Vorfeld des Urnengangs hat Cameron versprochen, bei einem Wahlsieg seiner Konservativen 2017 ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU abzuhalten. Bis dahin will er die Stellung des Königreichs in der EU von Grund auf neu verhandeln, was in den nächsten Monaten und Jahren noch einige turbulente EU-Gipfel bringen dürfte.

Was immer Cameron dabei erreicht, die Euroskeptiker im eigenen Land werde er damit kaum besänftigen, sagt Robert Oulds, Leiter des euroskeptischen Instituts Bruges Group. Cameron könne ihnen "zur Beruhigung etwas rohes Fleisch vorwerfen, aber sie werden immer mehr wollen". Auch der ehemalige EU-Kommissar und Labour-Politiker Peter Mandelson meint, dass Cameron mit seinem Referendumsversprechen eine "Höllenmaschine" in Gang gesetzt haben könnte. (AFP)

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