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Politik: CDU: Schattenspiele

Politik muss sichtbar sein, und am sichtbarsten sind Personen. "Verstärken" und "forcieren" sind zwei Verben, die in der Union derzeit gern benutzt werden, wenn es um die stärkere Verbindung von Themen und Köpfen geht.

Politik muss sichtbar sein, und am sichtbarsten sind Personen. "Verstärken" und "forcieren" sind zwei Verben, die in der Union derzeit gern benutzt werden, wenn es um die stärkere Verbindung von Themen und Köpfen geht. Ein gemeinsames Team von CDU und CSU soll aufgestellt werden - kein Schattenkabinett, sondern eine wahlkampftaugliche Mannschaft, die den noch zu bestimmenden Spitzenkandidaten beim Kampf gegen Gerhard Schröder unterstützt.

Womit das erste Problem bereits benannt wäre. Ein Team aus Unions-Vertretern ist natürlich "Sache des Spitzenkandidaten", wie es aus der Parteizentrale heißt. Da aber kollidieren die Zeitpläne. Der Kanzlerkandidat soll erst Anfang 2002 gekürt werden. Das Team soll "innerhalb des nächsten halben Jahres" aufgestellt werden. Die Anregung dazu hat CSU-Chef Edmund Stoiber "schon vor Wochen" gegeben, hieß es am Freitag in München.

Mehrere Unions-Politiker haben bereits den Status, den die Team-Mitgliedschaft offiziell machen würde. Horst Seehofer von der CSU für die Sozialpolitik inklusive Arbeit und Gesundheit - das sei "keine Frage", heißt es in Berlin. Vize-Fraktionschef Wolfgang Bosbach für die innere Sicherheit und Saar-Ministerpräsident Peter Müller vom liberalen Flügel für die Zuwanderung - belohnt wird, wer reüssiert hat.

Strukturell schwieriger ist der Einbau jener, die "eher Generalisten" sind. Zwei prominente Landes-Oppositionschefs fallen in diese Kategorie: Jürgen Rüttgers in NRW und Christian Wulff in Niedersachsen. Wulff sah sich lange als einer der engeren Merkel-Vertrauten, bis er der Chefin mit Ermahnungen, doch bitte stärker zu führen, in die Quere kam. Natürlich lässt sich das Argument, Generalisten passten nicht ins Themen-Konzept, auch zum stillen Abservieren von Unliebsamen benutzen, zumindest zum Degradieren von Partei-Promis, die als schwierig aufgefallen sind. Da die CSU die Team-Idee am lautesten propagiert, wundert es auch nicht, dass ausgerechnet Wulff und Rüttgers fehlen, die beide nicht als Bayern-Freunde bekannt sind. Rüttgers ist einer, dessen Verhältnis auch zur eigenen Parteiführung nicht unbelastet ist.

Nach Informationen aus Parteikreisen sind, neben den beiden Parteichefs Merkel und Stoiber ohne feste Ressortzuständigkeit, Fraktionschef Friedrich Merz für Finanzen, Ex-Hardthöhen-Chef Volker Rühe für die Außenpolitik und Annette Schavan für die Bildung vorgesehen. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos und Hessens Ministerpräsident Roland Koch sollen ebenfalls vertreten sein, als "Spiritus rector" auch Ex-Parteichef Wolfgang Schäuble. Für Glos käme die Verteidigungspolitik in Frage, Koch konkurriert in der Innen- und Justizpolitik mit Bosbach. Offen ist noch, wer für den Themenbereich Umwelt und Verbraucherschutz die Union repräsentieren soll. Unklar ist auch, ob Merz das Ressort Wirtschaft vertreten oder dieses einem Kollegen überlassen soll.

Fertig ist die Mannschaftsaufstellung noch nicht. Am Montag im Bundesvorstand wurde über das Team nicht gesprochen. Gelegenheit zur Beratung ist beim nächsten Treffen der Generalsekretäre von CDU und CSU Anfang August. In der Parteizentrale hofft man, dass das Team für mehr Zusammenhalt und Disziplin sorgt. Deshalb sind Spekulationen über Beförderte und Degradierte das letzte, womit man das Sommerloch füllen möchte.

Hieraus ergibt sich denn auch die offizielle Devise in Sachen Personaltableu: "Es gibt nichts Neues." Nichts Neues, das hieß am Freitag auch, dass kein weiteres Dementi kam. Und dies wiederum durfte mit stillschweigender Billigung von CDU-Insidern so verstanden werden, dass keine der Personalspekulationen grob unrichtig ist. CSU-Sprecher waren leutseliger. Das Team liege "voll auf der Linie" von Edmund Stoiber.

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