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Politik: CDU-Spendenaffäre: Der Macher und die Pöbler

Mit seinen Ehrenworten ist Altbundeskanzler Helmut Kohl eigen. Seinen Parteispendern hat er Anonymität versprochen, den um ihren Arbeitsplatz bangenden Arbeitern im mitteldeutschen Chemiedreieck den Erhalt zumindest von Kernen ihrer Unternehmen.

Mit seinen Ehrenworten ist Altbundeskanzler Helmut Kohl eigen. Seinen Parteispendern hat er Anonymität versprochen, den um ihren Arbeitsplatz bangenden Arbeitern im mitteldeutschen Chemiedreieck den Erhalt zumindest von Kernen ihrer Unternehmen. Und beides habe er gehalten - so lautet ein wenig verkürzt Kohls Bilanz genau zehn Jahre nach seinem Versprechen, das Chemiedreieck an der Grenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt zu retten.

Er war zu seiner Zeit eben der Macher. Einer, der angepackt und damit nicht zuletzt Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen hat: "Es ist ein grundlegender Unterschied, ob man in den Straßen Berlins herumpöbelt wie die Oberhäupter der Grünen oder ob man etwas getan hat", sagt er. Helmut Kohl, so ist Helmut Kohl tief in seinem Innersten überzeugt, hat nicht nur etwas, nein, er hat viel getan. Nur eines nicht: sich bestechen lassen.

Kohl redet über das Chemiedreieck, über die mitteldeutsche Erdölraffinerie in Leuna, vor allem aber über sich selbst. Niemand in der Bundesregierung sei bestochen worden, betont er. "Solche Vorwürfe werden ohne jeglichen Beweis vorgetragen, um die politische Lebensleistung eines Mannes zu beseitigen, und dieser Mann bin ich", gibt er verbittert zu Protokoll. Nein, die immer wieder von seinen Gegnern vorgetragenen Geschichten von angeblichen Schmiergeldern hätten nur ein Ziel: "meine Politik und mich persönlich zu diskreditieren". Die Urheber dieser Geschichten, so ist Kohl tief und fest überzeugt, wollten mit den Angriffen auf seine Person "nur ihr eigenes Versagen und ihren Verrat in der Stunde, als es um die deutsche Einheit ging, vernebeln".

Dabei habe doch er, Helmut Kohl, alles so gut gerichtet. Ein Kanzlerehrenwort gegeben, als die gesamte mitteldeutsche Chemieindustrie die Elbe und die Saale hinunterzugehen drohte. "Wer sich die damalige Situation vor Augen führt, muss doch erkennen: das Interesse, einen Investor für die Leuna-Werke zu finden, lag doch vor allem auf deutscher Seite", bekräftigt er noch einmal. Es sei absurd, so der Ex-Kanzler, "wenn heute von bestimmten Kreisen verbreitet wird, die französische Seite hätte bei den Kaufverhandlungen quasi nachhelfen, also bestechen müssen, um zum Ziel zu kommen."

Und den ehemaligen Elf-Manager Le Floch Prigent jemals getroffen zu haben, könne er sich nicht erinnern. Kein Blackout dieses Mal, Kohl weiß ganz genau, dass der Mann niemals im Kanzleramt gewesen sei. Vielleicht habe ihn der Franzose irgendwann einmal auf einem Empfang angesprochen und über die geplante Milliardeninvestition geredet. "Da habe ich ihm dann bestimmt auch die entsprechenden Subventionen zugesichert", sagt er nun, "das war schließlich mein Job."

Der ehemalige Elf-Chef hatte ausgesagt, Kohl habe ihm in einem Gespräch wegen Leuna staatliche Subventionen in der gewünschten Größenordnung versprochen. Auch der frühere Elf-Manager Alain Guillon hatte in seiner Vernehmung durch die Pariser Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Privatisierung der Leuna-Raffinerie Zahlungen seines Unternehmens zugegeben.

Zehn Jahre nach dem Kanzlerehrenwort zum Erhalt der mitteldeutschen Chemieregion geht Helmut Kohl darüber hinweg - und zieht eine ganz andere Bilanz: Allein am Standort Leuna sind mit zehn Milliarden Mark an Investitionen rund 9000 Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen worden. Das ist rund ein Drittel der Beschäftigten, die vor der Wende in den Leunawerken in Lohn und Brot gestanden haben. In der gesamten mitteldeutschen Chemieregion gibt es heute 42 000 Jobs.

Und er, Helmut Kohl, hat das alles bewältigt, ist Helmut Kohl überzeugt. Blühende Landschaften hat er den Ostdeutschen einst versprochen. Bei seiner gestrigen Stippvisite im Chemiedreieck konnte er zumindest blühende Vorgärten in Augenschein nehmen. Die Landschaften drum herum - die müssen sich erst noch entwickeln.

Eberhard Löblich

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