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Politik: China will Atomstrom – und hat kaum Lager für den Müll

Peking - China braucht Energie, und das in immer größeren Mengen. Um die Laufbänder in den Fabriken entlang der Küste in Bewegung zu halten und den wachsenden Energiehunger der 1,3 Milliarden Menschen zu stillen, setzt Pekings Regierung verstärkt auf Atomstrom.

Peking - China braucht Energie, und das in immer größeren Mengen. Um die Laufbänder in den Fabriken entlang der Küste in Bewegung zu halten und den wachsenden Energiehunger der 1,3 Milliarden Menschen zu stillen, setzt Pekings Regierung verstärkt auf Atomstrom. Sieben Atomreaktoren sind derzeit in Betrieb, zwei weitere fast fertig. Der Anteil des Atomstroms an der Energieversorgung ist mit rund zwei Prozent im vergangenen Jahr im Vergleich zur Kohle (rund 80 Prozent) noch immer niedrig. Bis 2020 soll die installierte Kraftwerksleistung jedoch auf 900 Millionen Kilowatt fast verdreifacht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Volksrepublik in den kommenden 15 Jahren durchschnittlich zwei neue Reaktorblöcke pro Jahr bauen.

Das Problem mit dem Atommüll verschiebt China dabei, wie die meisten Industrieländer, auf die Zukunft. Mitte der neunziger Jahre wurden Provinzen und Regionen angewiesen, lokale Zwischenlager für niedrig und mittel verstrahlten Atommüll zu bauen. Die 1994 angekündigten Pläne zur Endlagerung von Brennstäben und anderem hochradioaktiven Müll stehen aber noch am Anfang. Dies ist auch ein Grund, warum China vergangenes Jahr Interesse am Kauf der Hanauer Mox-Fabrik hatte: Damit lassen sich aus Abfällen neue Brennelemente gewinnen.

Medienberichten zufolge sollen chinesische Experten derzeit fünf Standorte für ein mögliches Endlager untersuchen. Favorisiert werde derzeit die Region Beishan in der dünn besiedelten Westprovinz Gansu, berichtet Wang Ju vom Pekinger Geografischen Forschungsinstitut für Nuklearindustrie. Das Wüstengebiet sei durch seine seismologischen und geografischen Gegebenheiten ideal , „um den Teufel des Atommülls für immer in der Tiefe zu vergraben“, sagte Wang der Zeitung „Global Times“. Das Gebiet biete sich auch durch eine relativ guteEisenbahnanbindung an, über die der radioaktive Abfall in „speziellen Containern“ transportiert werden solle. Auch eine Überwachung der Transporte durch Satellitentechnik und die Polizei sei vorgesehen.

Bis dahin werden jedoch noch Jahrzehnte vergehen. Der Bau eines Endlagers, der Wang zufolge mehrere Milliarden Euro kosten wird, ist erst für 2030 bis 2040 geplant. „Die Kosten sind so hoch, dass wir ein Lager für den gesamten Müll der Zukunft bauen müssen“, sagte Wang. Möglicherweise gibt es in China auch schon längst ein Atomendlager, vermutet zumindest der Dalai Lama. Er warf der chinesischen Regierung vor, Atommüll heimlich in Tibet zu lagern, was zu Missbildungen bei Tieren führe. Peking dementierte den Vorwurf.

Harald Maass

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