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Chronologie: Der lange Weg zum EU-Reformvertrag

Bereits 2001 begann die Debatte über eine Reform des Vertrags von Nizza. Statt einer ursprünglich angestrebten Verfassung für Europa, die bei Referenden in Frankreich und den Niederlanden durchfiel, bekommt die EU nun einen neuen Grundlagenvertrag.

Der Vertrag soll nach seiner Ratifizierung durch alle 27 Mitgliedsstaaten zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Eine Dokumentation der wichtigsten Stationen der Reformdebatte:

15. Dezember 2001: Im belgischen Laeken wird ein Konvent auf den Weg gebracht, der das Regelwerk der EU überarbeiten und die institutionellen Verhältnisse in Europa neu fassen soll. Konventpräsident wird Valéry Giscard d'Estaing. Der Konvent nimmt Anfang 2002 seine Arbeit auf.

20. Juni 2003: Nach fast 18-monatiger Arbeit legt der Konvent seinen Vorschlag für eine europäische Verfassung vor. Er wird auf dem EU-Gipfel von Thessaloniki von den Staats- und Regierungschefs "zustimmend zur Kenntnis genommen". Eine Regierungskonferenz soll letzte Abstimmungen vornehmen.

12./13. Dezember 2003: Die Regierungskonferenz kann auf ihrer Sitzung in Brüssel keine Einigung über den Verfassungsentwurf erzielen. Polen will aus innenpolitischen Gründen nicht hinter Nizza zurückgehen, wo dem Neumitglied ein überproportionales Stimmengewicht eingeräumt worden war.

17./18. Juni 2004: Nachdem unter irischer EU-Ratspräsidentschaft die Regierungskonferenz im März ihre Arbeit wieder aufnimmt, wagt der EU-Verfassungsgipfel in Brüssel einen neuen Anlauf. Erst in letzter Minute können offene Punkte wie die Abstimmungsquoten in der EU geregelt werden.

29. Oktober 2004: Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnen in Rom den Verfassungsvertrag. Damit beginnt ein auf zwei Jahre angelegter Ratifikationsprozess.

11. November 2004: Als erstes EU-Land ratifiziert Litauen den Verfassungsvertrag.

29. Mai 2005: In Frankreich scheitert ein Referendum. 54,9 Prozent der Wähler stimmen gegen das Vertragswerk.

1. Juni 2005: In den Niederlanden kann nach einer Gesetzesänderung die Bevölkerung über die EU-Verfassung abstimmen. 61,6 Prozent der Wähler lassen den Vertrag durchfallen.

16./17. Juni 2005: Die 25 Staats- und Regierungschefs der EU beschließen in Brüssel eine zunächst einjährige "Denkpause".

15./16. Juni 2006: Der EU-Gipfel verständigt sich auf eine weitere Vertagung. Eine neue Roadmap soll unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2007 vorgelegt werden.

14./15. Dezember 2006: Die Staats- und Regierungschefs der EU erklären auf dem Brüsseler Gipfel ihr Festhalten am Verfassungsvertrag und wollen den "Weg für die Fortsetzung des Reformprozesses ebnen".

8./9.3.2007: Zur Halbzeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erhält Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom EU-Gipfel das Mandat, eine allgemeine Erklärung zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge für den Sondergipfel Ende des Monats vorzubereiten. Das Wort Verfassung soll darin nicht vorkommen.

25.3.2007: Auf einem Sondergipfel in Berlin unterzeichnen die drei EU-Spitzen von Rat, Kommission und Parlament eine "Berliner Erklärung" zur Zukunft Europas. Dies gilt als Startschuss für einen Neuanlauf zur Umsetzung der EU-Reformen bis 2009. Einen Fahrplan dazu will Deutschland dem EU-Gipfel im Juni vorlegen.

22.-24.06.2007: Der EU-Gipfel verständigt sich auf ein sehr konkretes Mandat für die Erarbeitung eines Reformvertrages und gesteht zugleich offiziell ein Scheitern des Verfassungsprozesses ein. In dem Mandat heißt es: "Das Verfassungskonzept (...) wird aufgegeben."

23.07.2007: Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten eröffnen in Brüssel die Regierungskonferenz zur Überarbeitung des europäischen Vertragwerkes.

18./19. Oktober 2007: In nächtlicher Sitzung gelingt es den Staats- und Regierungschefs, die offenen Fragen des Reformvertrages zu lösen, der nun wesentliche Elemente der gescheiterten Verfassung übernimmt.

13. Dezember 2007: Der neue Grundlagenvertrag der EU wird in Lissabon feierlich unterzeichnet. Er soll nach seiner Ratifizierung durch alle EU-Mitgliedsstaaten Anfang 2009 und damit noch vor der Europawahl in Kraft treten.

19. Dezember 2007: Die Bundesregierung beschließt das Gesetz zur Ratifizierung des Lissaboner EU-Reformvertrages. Jetzt müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.

24. April 2008: Der Bundestag bestätigt mit notwendiger Zwei-Drittel-Mehrheit das Ratifizierungsgesetz.

23. Mai 2008: Auch der Bundesrat stimmt dem Reformvertrag mit großer Mehrheit zu. Lediglich das rot-rot regierte Land Berlin enthält sich bei der Abstimmung.

André Spangenberg[ddp]

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