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CIA-Affäre: Merkel: Wir müssen Regeln einhalten

Zwei Politikerinnen, eine Botschaft: Die Arbeit der Geheimdienste im Anti-Terrorkampf muss sich an internationales Recht halten. Wer sich von US-Außenministerin Rice konkrete Aufklärung über die CIA-Affäre erhofft hatte, wurde enttäuscht.

Berlin - Die Affäre um CIA-Gefangenenflüge und mutmaßliche US-Geheimgefängnisse in Osteuropa sorgen für heftige Turbulenzen im transatlantischen Verhältnis. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Außenministerin Condoleezza Rice waren in Berlin sichtlich bemüht, Kurs zu halten. Die zentrale Botschaft: Die Arbeit der Geheimdienste ist im Anti-Terrorkampf unerlässlich, muss sich aber an Recht und internationale Standards halten. Wer sich konkrete Aufklärung über die verdeckten Aktionen der CIA erhofft hatte, wurde aber enttäuscht. Auch nach dem Besuch von Rice gibt es mehr Fragen als Antworten.

«Das war ein guter Anfang», sagte Merkel am Dienstag nach dem 50- minütigen Treffen im Kanzleramt. Gemeinsam mit ihrem Gast stellte sie sich vor rund 30 Kameras den Fragen der Journalisten, die fast ausschließlich auf die CIA-Flüge abzielten. Rice beharrte auf ihrer Linie, die sie schon jenseits des Atlantiks kurz vor dem Abflug formuliert hatte. Wenn es Bedrohungen gebe, müsse alles getan werden, um die Bevölkerung zu schützen. «Nachrichtendienste sind dabei der Schlüssel zum Erfolg», sagte sie. Schließlich gehe es darum, Straftaten im Vorfeld zu verhindern. «Wir haben Leben in Amerika gerettet, in Europa und auch in anderen Teilen der Welt.»

Zwischen beiden Staatsfrauen gab es offensichtliches Verständnis. Immer wieder nickten sie sich zu, vor allem als Merkel versicherte: «Wir brauchen die (Nachrichten-) Dienste.» Allerdings stand die Kanzlerin unter erheblichem Erwartungsdruck, die europäischen Sorgen über die CIA-Praktiken in Europa deutlich anzusprechen. Diplomatisch war dies eine Herausforderung, denn Rice hatte schon in Washington klar gemacht, dass sie nicht über CIA-Methoden diskutieren werde. Und so formulierte Merkel zunächst vorsichtig, es müsse eine Balance gefunden werden zwischen dem Schutz vor terroristischer Bedrohung und den dazu eingesetzten gesetzlich erlaubten Mitteln. Dann wurde sie klarer: «Wir müssen Regeln einhalten.»

Die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA sind für die CDU- Chefin Herzenssache. «Europäische Einigung und enge transatlantische Partnerschaft gehören zusammen», sagte sie und unterstrich die gemeinsame Wertebasis. So ähnlich steht es auch im Koalitionsvertrag, der das Verhältnis zu Amerika als einen der «wichtigsten Pfeiler» deutscher Außenpolitik beschreibt. Ausgerechnet dieser Grundpfeiler bringt die Bundesregierung zwei Wochen nach Amtsantritt nun in Erklärungsnot. Die CIA soll 2004 den Deutsch-Libanesen Khaled El- Masri wegen einer Namensverwechslung irrtümlich nach Afghanistan verschleppt und erst fünf Monaten später wieder frei gelassen haben.

Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) soll Berichten zufolge vom damaligen US-Botschafter Daniel Coats um Geheimhaltung gebeten worden sein. Nun bat Merkel Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der zur fraglichen Zeit im Kanzleramt auch als Geheimdienstkoordinator fungierte, dem Parlamentarischen Kontrollgremium den Bundestags einen Bericht vorzulegen. Die amerikanische Regierung habe den Fall Masri als «Fehler akzeptiert», sagte Merkel. Rice formulierte etwas schwächer: Wenn Fehler gemacht worden seien, würden diese korrigiert. Mit Nachdruck fügte sie hinzu, die USA hielten sich bei ihrem Vorgehen an amerikanisches und internationales Recht. «Vor allem aber: Wir dulden keine Folterung.»

Die Fragen über CIA-Flüge und Verhörgefängnisse dürften die US- Außenministerin auf ihrer Europatour bis Freitag begleiten. Kurz nach dem Treffen mit Merkel flog sie nach Rumänien, wo auch über die Einrichtung von US-Militärstützpunkten verhandelt werden sollte. Auch die von Bukarest bislang vehement dementierten Berichte über angebliche US-Geheimgefängnisse in Rumänien werden wohl zur Sprache kommen. Kurz vor der Ankunft von Rice in Bukarest meldete der US- Sender ABC, in Polen und Rumänien seien in den vergangenen Tagen zwei geheime CIA-Gefängnisse aufgelöst worden. Die US-Regierung hat die Existenz solcher «black sites» bislang weder bestätigt, noch dementiert. (Von Helmut Reuter, dpa)

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