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"Clearstream-Affäre": Vorwürfe gegen Chirac und Villepin

Der französische Präsident Jacques Chirac (r.) und sein Premierminister Dominique de Villepin geraten in einer Affäre um unzutreffende Korruptionsvorwürfe gegen Spitzenpolitiker zunehmend unter Druck.

Paris - Chirac und Villepin dementierten am Freitag, 2004 Geheimermittlungen über angebliche Schwarzgeldkonten ihres Innenministers Nicolas Sarkozy im Ausland veranlasst zu haben. Sie werden von Geheimdienstgeneral Philippe Rondot belastet, der in der so genannten «Clearstream-Affäre» geheime Ermittlungen geführt hatte.

«Der Präsident dementiert förmlich, die geringste Untersuchung (gegen Sarkozy) veranlasst zu haben», teilte der Elyséepalast mit. Villepin erklärte, er sei 2004 lediglich «Gerüchten» auf Schmiergeldzahlungen bei einem Fregattengeschäft mit Taiwan 1991 nachgegangen. Er habe damals noch nichts von einem Verdacht gegen Sarkozy gewusst und «nie» gegen den Innenminister ermittelt. Die Sozialistische Partei sprach von einer «extrem schweren Staatsaffäre».

Sarkozy und andere führende Politiker sowie Manager waren 2004 von einem Verleumder anhand verfälschter Computerlisten der Luxemburger Bankverrechnungsstelle Clearstream beschuldigt worden, Schwarzgeldkonten im Ausland zu unterhalten. In der Affäre gab es Hausdurchsuchungen bei Airbus-Managern, in der Zentrale des Geheimdienstes DGSE und im Büro von Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie. Der falsche Verdacht hätte den Aufstieg Sarkozys zum Konkurrenten Chiracs und Villepins bei der Präsidentenkandidatur 2007 verhindern können.

Rondot hatte angeblich bereits im November 2003 von Alliot-Marie den Auftrag erhalten, den Verdacht gegen die Manager zu prüfen, die auf der Clearstream-Liste stehen. Am 9. Januar 2004 habe ihn (der damalige Außenminister) Villepin angewiesen, die Ermittlung auf beschuldigte Politiker wie Sarkozy auszudehnen, sagte der General laut der Zeitung «Le Monde» (Samstagsausgabe) den Ermittlungsrichtern. Villepin habe sich dabei auf Chirac berufen.

Politisch explosiv ist diese Aussage, weil die verfälschten Clearstream-Listen erst mehrere Monate später anonym der Justiz zugespielt wurde und offizielle Ermittlungen auslösten. Demnach hätte Villepin die Daten schon vorher besessen und nicht nur auf Grund vager Gerüchte gehandelt. Villepin hatte Sarkozy zudem weder informiert, dass es Anschuldigungen gegen ihn gab, noch, dass sie sich als falsch herausstellten. Sarkozy verhinderte mit einer Verleumdungsanzeige ein Einstellen des offiziellen Ermittlungsverfahrens um die Clearstream-Listen.

Die Justiz versucht mit Hausdurchsuchungen in Ministerien, Geheimdiensten und Konzernzentralen den Verleumder zu enttarnen. In der Affäre taucht auch der derzeitige Vizepräsident des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, Jean-Louis Gergorin, auf, der Villepin nahe steht. Gergorin hatte Rondot angeblich bereits im November 2003 die verfälschte Liste mit den Nummernkonten und Geldbewegungen gegeben. Dem Geheimdienstgeneral zufolge war Gergorin auch zugegen, als Villepin 2004 den Auftrag zur Ausweitung der Ermittlungen auf Sarkozy gab. Gergorin habe damals die Clearstream-Liste aus der Tasche gezogen. Der Manager bestreitet energisch, der Verleumder zu sein. (tso/dpa)

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