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Politik: „Dafür kann man doch nicht in den Krieg ziehen“ Wilhelm Hennis hält die Kritik des Altkanzlers für ungerechtfertigt

Hat es schon früher zu den guten Sitten gehört, dass ein Altkanzler alle paar Wochen gegen seinen Nachfolger polemisiert hat, wie nun wieder Helmut Kohl? Das ist wirklich nichts Neues.

Hat es schon früher zu den guten Sitten gehört, dass ein Altkanzler alle paar Wochen gegen seinen Nachfolger polemisiert hat, wie nun wieder Helmut Kohl?

Das ist wirklich nichts Neues. Ich erinnere nur an Konrad Adenauer, der darin sogar sehr erfolgreich war. Er hat seinen Nachfolger Ludwig Ehrhardt so sehr attackiert, dass Ehrhardt ja auch nur drei Jahre lang Kanzler blieb. Das hat es zu allen Zeiten gegeben, dass ein Kanzler, der abtreten musste, die Politik seiner Nachfolger kritisiert hat.

Hat Helmut Kohl denn mit seiner Kritik an der IrakPolitik seines Nachfolgers Gerhard Schröder Recht?

Was Helmut Kohl verlangt, ist Niebelungentreue. Das ist die Treue, die Deutschland Österreich bewiesen hat, als es 1914 einen völlig überflüssigen Krieg gegen Serbien erklärt hat, nachdem der Thronfolger dort ermordet worden war. Ein Land von der Größe Deutschlands muss seine Außenpolitik auch an seinen eigenen Interessen ausrichten und nicht nur an Werten wie Dankbarkeit für die USA. Die Vereinigten Staaten haben zweifellos viel für Deutschland getan. Aber dafür kann man doch wirklich nicht in einen Krieg ziehen.

Der Altkanzler hat nun zudem kritisiert, dass es in der SPD keine Alternative zu Gerhard Schröder gibt. Er hat in einem Interview gesagt, auch zu ihm habe es immer Alternativen in der eigenen Partei gegeben. Was halten Sie von Kohls Selbsteinschätzung?

Da kann ich wirklich nur lachen. Helmut Kohl war sehr erfolgreich darin, alle Alternativen in seiner Partei gar nicht erst hochkommen zu lassen. Klar, wenn Helmut Kohl während seiner Amtszeit irgendwann tot umgefallen wäre. Dann hätte es schon einen Ersatz gegeben. Aber er selbst hat stets verhindert, dass ein Kritiker zu mächtig werden konnte.

Und wie ist es jetzt in der SPD?

Da scheint Kohl tatsächlich nicht ganz Unrecht zu haben. Die Linie der SPD ist es derzeit, die Reihen fest geschlossen zu halten. Und nachdem Wolfgang Clement ins Kabinett eingetreten ist, sehe ich auch weit und breit niemanden mehr, der Gerhard Schröder in der SPD wirklich gefährlich werden könnte. Ich meine übrigens nicht, dass Clement eine gute Alternative zu Schröder wäre. Und sonst? Sonst gibt es noch den jungen Sigmar Gabriel. Der hat sich jetzt in einigen Fragen im Vergleich zum Kanzler zu profilieren versucht. Aber im Grunde hat Schröder in seiner eigenen Partei derzeit keine großen Kritiker.

Das Interview führte Dagmar Dehmer.

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