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Politik: Das Ende des Schweigens in Spanien

Opfer der Franco-Diktatur sollen rehabilitiert werden

Madrid - Genau 70 Jahre nach Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges (1936 bis 1939) und mehr als drei Jahrzehnte nach Ende der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) will Spaniens Regierung nun einen Schritt zur finanziellen Wiedergutmachung und symbolischen Rehabilitierung der vielen tausend Opfer machen. Dafür werden fast 70 Millionen Euro bereitgestellt. Die sozialdemokratische Regierung von Jose Luis Zapatero beschloss am Freitag ein entsprechendes Gesetz.

Es ist ein brisantes Unternehmen – denn dieses dunkle Geschichtskapitel, das die spanische Bevölkerung bis heute entzweit, war bisher durch einen „Pakt des Schweigens“ zum politischen Tabu erklärt worden. Erwartungsgemäß scharf schießt nun die konservative Opposition gegen Zapatero. Das Geschichtsgesetz werde die Gesellschaft „spalten und alte Wunden öffnen“, wütet die konservative Volkspartei. Dies sei ein Angriff auf die „Transicion“, jene schwierige und weitgehend unblutige Übergangszeit von der Diktatur zur Demokratie Ende der 70er Jahre. In der Tat war die Demokratisierung damals durch einen politischen Stillhaltepakt erleichtert worden, der vorsah, über die Franco-Vergangenheit den Mantel des Schweigens auszubreiten und Menschenrechtsverbrechen des Regimes nicht zu verfolgen.

Zapatero versichert denn auch umgehend, dass er die Geschichte nicht neu schreiben wolle. Vielmehr gehe es um „Eintracht und Versöhnung“. Das Gesetz sieht deshalb nicht nur die „moralische Rehabilitierung“ der Franco-Opfer vor, sondern auch die ausdrückliche Anerkennung jener Toten, die auf das Konto der anderen Kampfpartei, der linken Republikaner, gehen – ebenfalls ein trauriges Kapitel, über das bisher geschwiegen wurde.

Die „moralische“ Wiedergutmachung sieht nicht die juristische Annullierung jener Militärurteile vor, mit denen zehntausende Franco-Gegner zum Tode oder zum Kerker verurteilt worden waren – wohl aber Pensionsansprüche für die Hinterbliebenen der Franco-Opfer. Auch wird die Beseitigung all jener Symbole im öffentlichen Leben angeregt, mit denen die Franco-Diktatur geehrt wird.

Rund 150 000 Republikaner sind der politischen Verfolgung durch Franco zum Opfer gefallen. 30 000 dieser Toten sind bis heute verschwunden; sie liegen vermutlich in anonymen Massengräbern. Auch fanatisierte Horden des linken Republikanerlagers, das bis zum Bürgerkrieg die demokratisch gewählte Regierung Spaniens stellte, begingen Massaker und zündeten zum Beispiel voll besetzte Kirchen an. Etwa 60 000 Tote gehen auf das Konto dieser republikanischen Menschenrechtsverbrechen. Hinzu kommen wenigstens 500 000 Tote während des Bürgerkriegs.

Ralph Schulze

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