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Politik: Das Ende einer innigen Beziehung

Thomas Borer-Fielding muss gehen. Ende April wird der Schweizer Botschafter in Berlin in sein Heimatland zurückbeordert.

Thomas Borer-Fielding muss gehen. Ende April wird der Schweizer Botschafter in Berlin in sein Heimatland zurückbeordert. Damit reagiert das Kabinett auf eine Medienkampagne, in deren Mittelpunkt eine angebliche Sexaffäre des Diplomaten stand. Das vermeintliche Liebesabenteuer des 44-jährigen Borer-Fielding mit der Berliner Visagistin Djamile R. und auch dessen nicht immer glückliche Verteidigungsstrategie hatten seit Tagen Stoff für Schlagzeilen in der Alpenrepublik und in Deutschland geliefert. "Thomas Borer ist als Botschafter in Deutschland nicht mehr tragbar", begründete der Schweizer Außenminister Joseph Deiss nach einer Sitzung des Kabinetts am Mittwoch in Bern. Die Regierung habe die Entscheidung unabhängig davon getroffen, ob Borer eine Affäre gehabt habe oder nicht. Man sei einzig von einer Frage geleitet gewesen: "Kann Botschafter Borer unter den gegebenen Umständen heute noch mit der nötigen Gelassenheit und vor allem Glaubwürdigkeit seine Mission erfüllen?" Offensichtlich hieß die Antwort nein.

Das Boulevardblatt "Sonntags-Blick" inszenierte am 21. März den Auftakt zu dem Schmierenstück: Die Zeitung veröffentlichte Fotos, die eine Affäre zwischen der Berlinerin Djamile R. und Borer nahe legen sollte, und stützte sich dabei angeblich auf Bilder aus einer Überwachungskamera des nahe der Schweizer Botschaft gelegenen Kanzleramts. Dann übernahm die Schwesterzeitung "Blick". Mit immer neuen "Geständnissen" der Frau über ihre vermeintliche Sex-Affäre mit Borer trieben die Boulevardjournalisten den Botschafter in die Enge. Borer dementierte nach Kräften und kündigte rechtliche Schritte gegen das Medienhaus Ringier an, zu dem die beiden Blätter gehören. Dabei war es zum Schluss egal, wer lügt: Borer oder die Blickblätter. Denn: Borer ist "der klassische Fall eines Prominenten, der den Boulevardjournalismus für seine Zwecke einzuspannen versucht und dann die Kontrolle verliert", wie das Sprachrohr des Establishments, die "Neue Zürcher Zeitung", urteilte.

Borer und seine schillernde Gattin Shawne hatten lange ein geradezu symbiotisches Verhältnis zur Klatschspresse. Mal zelebrierten die beiden ihre Hochzeit wie ein Hollywoodspektakel, mal ließ sich Shawne in aufregenden Outfits in den Räumen der Botschaft ablichten. Borers flottes Mundwerk tat ein Übriges: Mal outete er den deutschen Rockstar Meine ganz undiplomatisch als Homosexuellen - und musste sich später dafür entschuldigen. Dann erregten in der Schweiz Borers schlüpfrigen Witze beim Aachener Karneval Unmut. Schon damals im Januar hieß es in Berner diplomatischen Kreisen: "Das war Borers vorletzter Streich." Der Diplomat hatte sich unter seinen Chefs - immer auf Diskretion und Seriosität bedacht - zum Schluss zu viele Feinde geschaffen.

Jan Dirk Herbermann

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