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Politik: „Das ist alles unter Niveau“

CDU-Landeschef Fischer über Schill und die Koalition

DIRK FISCHER (59)

ist seit 1992 Landeschef der CDU in Hamburg.

Fischer ist Rechtsanwalt und seit 1980 Bundestagsabgeordneter.

Foto:ddp

Werden Sie Schill die Hand geben, wenn sich die Parteichefs der Koalition treffen?

Ich werde den Handschlag nicht verweigern. Aber wir müssen uns nicht treffen, weil es keine Koalitionskrise mehr gibt. Und ich bin mir nicht sicher, ob er beim nächsten regulären Treffen überhaupt dabei sein will.

Sollte Schill auch aus der Bürgerschaft verschwinden?

Es würde der Sache am meisten dienen, wenn er sich aus der Politik zurückziehen würde. Aber das entscheidet nicht die CDU. Das Beste wäre, die Öffentlichkeit und die Presse würden ihn ab jetzt ignorieren.

Und wenn er bleibt, gehört er dazu?

Wir können ihm nicht verweigern, sein Mandat anzunehmen. Denn er ist Teil der Fraktion, mit der wir eine Koalition haben. Wir hätten nur ein Problem gehabt, wenn er Fraktionsvorsitzender geworden wäre, weil die Verletzung des Bürgermeisters so gewaltig ist, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen ausgeschlossen ist.

Politiker werden gefragt, ob sie schwul sind, Senatoren müssen ihre Beziehungen erklären. Gefällt Ihnen dieses Bild der Politik?

Überhaupt nicht. Das ist alles unter Niveau. Das fand ich schon, als SPD und GAL den haltlosen KokainVorwürfen gegen Schill nachgegangen sind und sich der Senator in München eine Haarprobe abnehmen lassen musste. Schill hat jetzt den absoluten Tiefpunkt herbeigeführt. Die Privatsphäre ist heilig. Ich halte nichts von Outings. Da muss ein Stoppschild errichtet werden.

Aber nach Privilegien und Ämtern, die sich aus privaten Beziehungen ergeben, darf man fragen. Kommt da wirklich nichts mehr?

Das ist alles Quatsch. Die Vorwürfe sind in der Substanz falsch. Schills phantasievolle Bilder deuten mehr auf seine gestörte Befindlichkeit hin. Außerdem hat ja gerade Schill sich 2001 einen Justizsenator Kusch gewünscht.

Schill will von Beust wegen Verleumdung verklagen.

Das wird für Schill ein Rohrkrepierer.

War es nicht ein Fehler, sich 2001 überhaupt mit den Rechtspopulisten einzulassen?

Nein. Schill hatte sich in den Koalitionsverhandlungen als sehr kompromissbereit und konstruktiv erwiesen. Als Populist hat er aber doch nicht die Selbstkontrolle und Disziplin für ein Regierungsamt.

Sehen Sie überhaupt keine Fehler der Union in dieser Affäre?

Im Fall Wellinghausen brauchte der Senat erst mal Zeit, um die Informationen zu beschaffen und die Gremien zu befassen. Einen gravierenden individuellen Fehler bei Ole von Beust kann ich nicht erkennen.

Die Zeitbombe Schill tickt weiter – wie lange hält die Koalition?

Bis 2005. Es ist mein fester Wille, dass dann alle drei Koalitionsparteien wieder in die Bürgerschaft einziehen und weiterhin die Mehrheit bilden.

Der Wechsel kam 2001 nur zustande, weil Schill 19 Prozent holen konnte. Fehlt jetzt der Regierung nicht die Legitimation?

Es ist ein Problem von Schills Partei, dass sie jetzt den Bannerträger verliert, der ihr den Nimbus verschafft hat. Jetzt muss sie daraus das Beste machen und sich auf Hamburg konzentrieren. Ich habe nur die Sorge, dass uns der Koalitionspartner nicht erhalten bleibt. Mein Wunsch ist es, dass wir in dieser Formation 2005 weitermachen können. Wir wollten gemeinsam den Politikwechsel in Hamburg.

Sie setzen auf den Schüssel-Effekt, der Haider in Österreich reduziert hat?

Ich möchte die Wählerstimmen, die wir 2001 an die verloren haben, wieder zurück, das ist richtig. Aber ich wünsche mir nicht, dass die Partei aus der Bürgerschaft verschwindet. Da arbeiten viele Abgeordnete ordentlich. Die werfe ich nicht alle in den Topf Schill.

Das Gespräch führte Günter Beling.

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