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Politik: Das neue Miteinander

Russland will enger mit der Nato kooperieren und den Abzug aus Afghanistan unterstützen.

Moskau - Russland setzt in der Afghanistan-Frage auf eine enge Zusammenarbeit mit der Nato. Kreml und Verteidigungsministerium in Moskau haben jetzt signalisiert, dass sie nach dem offiziellen Ende der Mission am Hindukusch 2014 eng mit der Allianz kooperieren wollen. Im Gegenzug soll die westliche Militärpräsenz in den zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken eingeschränkt werden. Details werden wohl beim Besuch von US-Außenminister John Kerry am 7. Mai in Moskau besprochen.

Russland und die USA treibt die Sorge um, Afghanistan könnte hoffnungslos überfordert sein, wenn die Anti-TerrorKoalition im nächsten Jahr den Großteil seiner Truppen abzieht und Afghanistan mit eigenen Kräften für seine Sicherheit sorgen muss. Als Indiz für die Befürchtungen dient die aktuelle Situation im Irak. Experte Wadim Kosjulin warnte im staatlichen Auslandsfernsehen „Russia today“ schon vor einem Bürgerkrieg. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis es dort so weit sei, sagte der Mann vom Moskauer Think Tank Pir-Zentrum. Und er glaubt, dass sich die Dinge in Afghanistan nach dem Abzug der Nato ganz ähnlich entwickeln, allerdings noch schneller. „Der Westen will den Abzug möglichst rasch und geräuschlos durchziehen,“ sagte Kosjulin. Er sei danach jedoch auf Kooperation mit Russland angewiesen.

Gesprächsbereit ist Moskau in jedem Fall. Sogar Hardliner loben den Einsatz des Westens am Hindukusch. Mit Grausen erinnere er sich an die Probleme der russischen Soldaten an der Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan, sagt Sergei Schigarew, Vizechef des Duma-Verteidigungsausschusses.

Tadschikistan, das zu den 20 ärmsten Ländern weltweit gehört, hatte Russland Mitte der Neunziger um Hilfe bei der Kontrolle von Drogen- und Waffenschmuggel gebeten. Und die Situation habe sich positiv entwickelt, seit die Nato 2001 in Afghanistan einmarschiert ist, heißt es. Vor diesem Hintergrund scheinen die Russen bereit zu sein, auch auf anderen Gebieten mit der Nato zu kooperieren – zum Beispiel in Afghanistan.

Für eine Zusammenarbeit mit dem westlichen Militärbündnis hatte sich zuvor schon Russlands Botschafter bei der Nato, Alexander Gruschko, stark gemacht. Vorrangiges Ziel sei es, den Transportkorridor auf russischem Gebiet auszubauen. Schon heute werden darüber die meisten nichtmilitärischen Güter der Allianz nach Afghanistan geschafft. Nach 2014 könnte Russland auch Kriegsgerät passieren lassen. So soll das afghanische Militär auf direktem Weg militärische Unterstützung seiner Verbündeten im Westen bekommen. Zudem hat Moskau der Nato angeboten, während des Abzugs die Luftwaffenbasis bei Uljanowsk an der Wolga für Zwischenlandungen zu nutzen.

Der Regierung in Kabul möchten die Russen beim Bau von Wartungs- und Reparaturzentren für Kriegstechnik helfen. „Damit leistet Moskau einen Beitrag zur Stabilität in der Region“, sagt Sergei Koschelow. Der Abteilungsleiter für internationale Zusammenarbeit im Verteidigungsministerium fürchtet wie viele andere, dass die nach wie vor schwache Zentralregierung in Kabul die instabilen zentralasiatischen UdSSR-Nachfolgestaaten mit in den Abgrund reißen könnte.

Unterstützt werden derartige Pläne von höchster Stelle. Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Amtskollege Islam Karimow aus Usbekistan hatten sich schon im April über eine gemeinsame Hilfe zur Stabilisierung Afghanistans verständigt. Ein direktes militärisches Engagement am Hindukusch lehnt der Kremlchef allerdings weiterhin kategorisch ab. Elke Windisch

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