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Politik: Dazugelernt

HINTER DEN LINDEN Gestern vor zehn Jahren hat der Deutsche Bundestag mit deutlicher Mehrheit der Verhüllung des Reichstags durch Christo zugestimmt – wir haben im Kulturteil der Mittwochausgabe daran erinnert. Einer, der es damals gerne anders gehabt hätte, war Wolfgang Schäuble, den wir aus der seinerzeitigen Bundestagsdebatte so zitiert haben: „Eine Verhüllung des Reichstages würde nicht einen, nicht zusammenführen, sie würde polarisieren.

HINTER DEN LINDEN

Gestern vor zehn Jahren hat der Deutsche Bundestag mit deutlicher Mehrheit der Verhüllung des Reichstags durch Christo zugestimmt – wir haben im Kulturteil der Mittwochausgabe daran erinnert. Einer, der es damals gerne anders gehabt hätte, war Wolfgang Schäuble, den wir aus der seinerzeitigen Bundestagsdebatte so zitiert haben: „Eine Verhüllung des Reichstages würde nicht einen, nicht zusammenführen, sie würde polarisieren.“

Nun ist Schäuble sicher ein kluger Kopf, aber hier hat er – wie alle inzwischen wissen – geirrt. Er hat das auch selber später, leise grummelnd, aber dann doch mit einem Lächeln, eingeräumt. Und das kam so: Am Ende eines Interviews – es war noch während der Verhüllung des Wallot-Baus – wurde er gefragt, ob er denn immer noch furchtbar fände, was die Massen so anzog, so polarisierend. Nein, gab er zu. Nachfrage: Ob er sich Christos Werk denn inzwischen vielleicht gar einmal angesehen habe? Ja, räumte er etwas widerwillig ein. Wie denn und wo? Nun, sagte er knurrig, als seine Eltern ihn in Berlin besucht hatten, wollten die unbedingt den verhüllten Reichstag sehen. Da habe er sich mit ihnen zusammen im Auto hinbringen lassen und sich das ganze Gewusel eine Weile angeschaut. Na, und was war dann, bohrten die Journalisten nach? Wie er sich denn dann gefühlt habe? Ob ihm gar gefallen habe, was er da sah?

Ja doch, räumte er zögernd ein, ja doch. Es habe ihm schon gefallen, schmunzelte er. Das war damals „unter Dreien“, also vertraulich gesprochen. Aber das ist lange her, und weil es ja nicht ehrenrührig ist und heute hierher passt, haben wir es jetzt aufgeschrieben.

Gerd Appenzeller

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