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Reform: De Maizière stellt die Bundeswehr auf den Kopf

Verteidigungsminister Thomas de Maizière will die Bundeswehr zum Instrument einer neuen Rolle Deutschlands in der Welt machen. Zur Finanzierung der Reform will er noch keine Details nennen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - De Maizière kündigte am Mittwoch in Berlin an, dass die Armee auf 175 000 bis 185 000 Mann bei nur noch 55 000 Zivilmitarbeitern schrumpfen soll. Gleichzeitig soll die Zahl der Soldaten, die gleichzeitig dauerhaft in Einsätze gehen können, von heute 7500 auf 10 000 steigen. Als künftige Aufgaben dieser Armee nannte der Minister in seinen neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien die Landesverteidigung, die Verteidigung von Bündnispartnern und die „Wahrnehmung internationaler Verantwortung“. Deutschland müsse sich aufgrund seines „Stellenwerts“ in der Staatengemeinschaft auch dann an Friedenseinsätzen beteiligen können, wenn eigene Interessen nicht unmittelbar erkennbar seien.

Konkret soll die Bundeswehr in den nächsten sechs bis acht Jahren auf 170 000 Zeit- und Berufssoldaten und mindestens 5000 Freiwillige schrumpfen. Weitere Freiwillige bis zur Obergrenze von 15 000 pro Jahr seien „willkommen“. Das Verteidigungsministerium soll von rund 3400 auf 2000 Mitarbeiter verkleinert werden, vor allem durch die Auslagerung der Inspekteure der Teilstreitkräfte und die Streichung ganzer Stabsabteilungen wie des Planungsstabs.

„Auch die Zahl der Generale wird deutlich verringert“, betonte de Maizière. Es gebe in der Bundeswehr generell „zu viel Aufsicht für zu wenig Arbeit“. Der Minister rief alle Soldaten und Zivilbeschäftigten dazu auf, aktiv an der Umgestaltung mitzuwirken. Wer das nicht wolle, für den gebe es „keinen Platz“. De Maizière stellte zugleich vorsichtig die Zweiteilung des Ministeriums auf die Standorte Bonn und Berlin infrage.

Nach dem neuen Konzept wird der Generalinspekteur künftig Dienstvorgesetzter aller Soldaten, behält aber anders als von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vorgesehen seine Zuständigkeit für Militärpolitik und Bundeswehr-Planung. De Maizière kritisierte seinen Vorgänger nicht, sondern bescheinigte ihm große Verdienste um die Ausstattung der Truppe in Afghanistan und die Reform der Bundeswehr: „Er hat dieses große Rad angeworfen“, sagte de Maizière. „Das ist und bleibt sein Verdienst.“

Zur Finanzierung der Reform wollte der Minister noch keine Details nennen. Mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe er aber abgesprochen, dass Belastungen für den Wehretat aus der Reform „vermieden werden“ sollten. Den Rüstungsetat von rund fünf Milliarden Euro will de Maizière nicht kürzen, aber einzelne Beschaffungsvorhaben auf den Prüfstand stellen. Das vom Kabinett gebilligte Reformkonzept soll bis zum Herbst in allen Details ausgearbeitet werden. Dann stehen auch die Standortentscheidungen an. De Maizière machte deutlich, dass er keine neuen Großstandorte schaffen, sich aber auch keine Sonderbehandlung für politisch nahestehende Landesregierungen aufdrängen lassen will. Bayern mit seiner ungewöhnlich großen Zahl von Standorten könne aber wie andere auch auf „faire“ Behandlung hoffen, sagte der CDU-Politiker.

Das Reformkonzept stieß bei der Opposition auf ein gemischtes Echo. Der SPD- Wehrexperte Rainer Arnold nannte das Freiwilligenkonzept mit regulär 5000 Wehrdienstleistenden „mutlos“. Die Grünen kritisierten die Truppenreduzierung als „nicht konsequent“ und forderten einen Abbau auf 160 000 Mann. Der Linken-Politiker Wolfgang Gehrke warnte, die Bundeswehr werde zur „Kriegsführungsarmee“.

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