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Nachgetragene Drohne. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat seinen Abschlussbericht zum Euro-Hawk noch dem alten Bundestag vorgelegt. Künftig sollen keine unklaren Verträge mehr abgeschlossen werden, heißt es in dem Acht-Seiten-Papier. Der Minister will die Affäre beenden. Foto: Fabrizio Bensch/dpa

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Platz für Neues: De Maizière zieht Schlussstrich unter Drohnenaffäre

Der Verteidigungsminister will mit einem Zwischenbericht zum Euro Hawk einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen. Seine Zukunft in einer großen Koalition lässt er offen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Thomas de Maizière muss noch etwas loswerden, und es muss unbedingt an diesem Freitag sein. Bei dem Termingut handelt es sich um den Zwischenbericht des Bundesministers der Verteidigung über die Konsequenzen aus dem Rüstungsdesaster Euro Hawk. Und den, sagt de Maizière, soll „noch der alte Bundestag“ bekommen. Am Dienstag löst der neugewählte Bundestag den alten ab, also, alles klar. Wirklich? Man kann den Vorgang auch ein wenig anders lesen: Da will ein Minister einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen. Für alle Fälle.

Das Papier unterstützt diese Lesart eher noch. Auf knapp acht Seiten hat der Minister dem Verteidigungsausschuss aufgelistet, was er aus der millionenteuren Affäre um die Aufklärungsdrohne gelernt hat. Unklare Verantwortlichkeiten in der Bundeswehr sollen künftig ebenso vermieden werden wie konfuse Verträge, aus denen hinterher selbst eine renommierte deutsche Anwaltskanzlei nicht herauslesen kann, ob der Drohnen-Hersteller das Gerät nun für den Luftverkehr zulassen oder sich nur nach Kräften bemühen sollte. Neue Ämter, Gremien und Verfahren sollen das Problem lösen, was im Detail nur Experten interessiert.

Diesen Bericht hätte also auch der nächste Minister dem nächsten Verteidigungsausschuss unterbreiten können, zumal er sich ja mit Dingen in der Zukunft befasst. Dass de Maizière den Schlussstrich hinter die größte Affäre dieser Amtszeit noch schnell zieht, zeigt zweierlei: Erstens, dass der Preuße sich nicht sagen lassen will, er habe Konsequenzen nur angekündigt. Zweitens, dass nicht sicher ist, dass der nächste Verteidigungsminister immer noch de Maizière heißt.

Zu diesem Fall der Fälle will er natürlich gar nichts sagen. Schließlich sind ja formal noch nicht mal Koalitionsverhandlungen beschlossen. Aber natürlich spielt de Maizière in den Personalspekulationen über die künftige Regierung eine Rolle. Der Merkel-Vertraute war in der ersten großen Koalition Chef des Kanzleramts. Er hat seine Rolle damals derart zur allseitigen Zufriedenheit ausgefüllt, dass es Leute gibt, die ihn da am liebsten wieder sehen würden.

Dagegen spricht nun allerdings die informelle Hierarchie des Kabinetts, in der ein „eigenes Haus“ mehr gilt als das Büro schräg gegenüber von Angela Merkel. Das wäre also ein Abstieg. Andererseits – in der kommenden großen Koalition ist dieses Büro wichtiger denn je. Sowohl die Energiewende als auch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sind zwar dröge, aber extrem wichtige Herausforderungen, die nichts dringender brauchen als einen verlässlichen und erfahrenen Koordinator zwischen Bund, Ländern, Parteien und Wirtschaft. Ansonsten gilt de Maizière ungeachtet des Flecks, den die Affäre Euro Hawk auf seiner Weste hinterlassen hat, nach wie vor als vielseitig ministrabel. Für ein zum Energiewende-Ministerium aufgewertetes Wirtschaftsressort käme er ebenso infrage wie als Finanzminister.

Da stehen freilich zwei große Aber im Raum: Ob die CDU den Herrn des Geldes weiter stellt, dürfte noch einer der harten Verhandlungspunkte mit der SPD werden. Und selbst wenn die Sozialdemokraten den Anspruch nicht durchsetzen: Sollte Wolfgang Schäuble weiter machen wollen, wird ihn Angela Merkel nach allgemeiner Einschätzung nicht hindern.

Zugleich hat Merkel weitere verdiente Mitarbeiter zu belohnen. Da ist etwa Ronald Pofalla, ihr bisheriger Kanzleramtschef. Da ist Generalsekretär Hermann Gröhe. Die in Talkshows omnipräsente CDU-Erklärerin Ursula von der Leyen darf nicht vergessen werden, Peter Altmaier bleibt ebenso sicher im Spiel. Dem NRW-Landeschef Armin Laschet wird gelegentlich ein leiser Drang nach Berlin nachgesagt, auch an den Niedersachsen David McAllister denken manche.

Doch wo sich Minister-Anwärter am Ende wiederfinden, bleibt traditionell den Chefs vorbehalten – so wie faktisch auch die Verteilung zwischen CDU, CSU und SPD Sache der drei Parteivorsitzenden am Ende der Verhandlungen ist. Bis dahin bleibt alles Spekulation. Selbst die Zahlenverhältnisse ergeben sich nur grob aus dem Wahlergebnis. Fünf bis sechs Minister für die CDU, etwa die gleiche Zahl für die SPD und drei für die CSU – das erscheint mathematisch-politisch plausibel. Aber es wäre ja auch nicht das erste Mal, dass zum Schluss ein Amt gegen einen Wunschinhalt getauscht wird.

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