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Politik: Der Bund verkauft alle Aktien von Post und Telekom

Eichel erhofft sich 15,45 Milliarden für den Etat 2005 – und will so den Stabilitätspakt einhalten

Berlin - Der Bund will seine Beteiligungen an Post und Telekom in den kommenden zwei Jahren komplett verkaufen. Bereits 2005 will Finanzminister Hans Eichel (SPD) einen Großteil abstoßen, hieß es am Dienstag in Regierungskreisen. 2006 werde dann „die letzte Privatisierung aufgebraucht“. Derzeit hält der Bund direkt noch 26 Prozent der Telekom-Aktien und 20 Prozent an der Post. Die Anteile will Eichel zum Teil bei der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) parken, aber auch direkt am Markt platzieren. An der Börse fielen die Reaktionen auf die Verkaufspläne negativ aus: Die Telekom-Aktie gab am Dienstag um 2,6 Prozent auf 13,98 Euro nach, die Post-Aktie verlor 1,4 Prozent auf 17,04 Euro.

Durch die massiven Aktienverkäufe will der Bund im nächsten Jahr 15,45 Milliarden Euro zur Finanzierung des Haushalts erzielen. Der Etat 2005, den das Kabinett an diesem Mittwoch beschließen will, sei ein „sehr, sehr enger Haushalt“, hieß es. Eichel plant – bei geringfügigen Mehrausgaben – rund 22 Milliarden Euro an Schulden und 22,8 Milliarden Euro an Investitionen. Für 2004 will der Minister im Herbst einen Nachtragshaushalt vorlegen und darin die Neuverschuldung von 29 auf rund 40 Milliarden Euro erhöhen. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, sagte zu Eichels Privatisierungsplänen: „Das ist nur eine Absichtserklärung, um den Haushalt verfassungsgemäß zu verabschieden.“ Im Vollzug „funktioniert das nicht“. „Ich bezweifle, dass das Privatisierungspotenzial bei 15,4 Milliarden Euro liegt“, sagte der Finanzwissenschaftler Rolf Peffekoven dem Tagesspiegel. Er sehe ein „großes Risiko“, dass die Neuverschuldung doch höher als geplant ausfalle und der Stabilitätspakt verletzt werde.

Die deutsche Wirtschaft wehrt sich indes gegen Pläne von SPD-Chef Franz Müntefering, die Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne anzuheben. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, erklärte, die SPD betreibe ein „parteipolitisches Spiel mit dem Investitionsklima in Deutschland“. Die Regierung selbst wird nach Angaben eines Sprechers keine eigene Gesetzesinitiative zur Anhebung der Mindeststeuer einbringen, wonach Firmen künftig trotz vorangegangener Einbußen nicht mehr nur 40, sondern 50 Prozent ihres aktuellen Gewinns versteuern müssen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte allerdings eine Prüfung zu: „Wir werden über das Thema sprechen.“ Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Ute Vogt hatte im Zusammenhang mit Münteferings Ankündigung davor gewarnt, immer nur über Defizite zu reden und gefordert, stattdessen eine Debatte über die bisherigen Leistungen der Regierung zu beginnen.

Der Chef des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, sagte in Berlin, die Mindestbesteuerung wirke in der Baubranche und anderen zyklischen Wirtschaftszweigen „faktisch wie eine Verlustbesteuerung“.

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