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Politik: Der ehemalige DDR-Staatschef ist aus der Freigängeranstalt Hakenfelde hinter die Mauern von Plötzensee verlegt worden

Egon Krenz hat immer behauptet, er sei von der (west-)deutschen Justiz ungerecht behandelt worden. Seit gestern beklagt sich der ehemalige DDR-Staatschef auch noch darüber, dass man nun sogar schlechter mit ihm umgehe als mit seinen ehemaligen Kollegen aus dem Politbüro und dem Verteidigungsrat.

Egon Krenz hat immer behauptet, er sei von der (west-)deutschen Justiz ungerecht behandelt worden. Seit gestern beklagt sich der ehemalige DDR-Staatschef auch noch darüber, dass man nun sogar schlechter mit ihm umgehe als mit seinen ehemaligen Kollegen aus dem Politbüro und dem Verteidigungsrat. Krenz ist nämlich am Montagvormittag aus der vergleichsweise komfortablen Haftanstalt Hakenfelde, wo seine Mitverurteilten saßen oder noch sitzen, hinter die Mauern der Strafanstalt Plötzensee verlegt worden - zu seinem eigenen Schutz vor den Medien, wie die Berliner Justiz erklärt. Und bevor der ehemalige Politbüro-Chef Freigang erhält, soll nun erst ein Psychologe klären, ob Krenz elf Jahre nach der Wende für die Gesellschaft noch gefährlich ist: Ob von dem 62-Jährigen die Begehung "erheblicher Straftaten und eine Gefährdung Dritter" zu befürchten sei, wie es im Amtsdeutsch heißt. Der ehemalige Staats- und Parteichef muss deshalb weiter auf die übliche Genehmigung warten, die Haft täglich für eine Berufstätigkeit verlassen zu dürfen. Sein Anwalt Robert Unger spricht von Diskriminierung und "gravierender Ungleichbehandlung".

Hinter diesen Worten steht der Verdacht, der Mann, der immer noch in Straßburg "seine" Gerechtigkeit gegen die deutsche Justiz sucht, erfahre nun im Strafvollzug eine Sonderbehandlung. Die Berliner Justizverwaltung hatte es gestern kurz gemacht: Die Verlegung nach Plötzensee mit seinen hohen Mauern sei wegen des "überstarken Interesses der Medienvertreter" erforderlich, um das jedem Gefangenen zustehende Recht zu gewährleisten, die Strafe ohne das Rampenlicht der Öffentlichkeit zu verbüßen. Tatsächlich war die offene Anstalt in Hakenfelde von Paparazzi der Boulevardpresse belagert worden, die Krenz und seine Mithäftlinge vor die Linse zu bekommen suchten. Der prominente Gefangene hat sich aber nie über das Rampenlicht beklagt. Sein Anwalt sagt dazu, eine "solche Fürsorge" der Justizverwaltung, wie gestern praktiziert, habe man nie erbeten. Die Haftsituation von Krenz verschlechtere sich jetzt deutlich.

Die Justiz will sich aber nicht näher erklären. Sprecherin Michaela Blume lehnt jedes weitere Wort ab. So behauptet denn Anwalt Robert Unger unwidersprochen, bei allen anderen Häftlingen sei die Frage des Freigangs schon nach wenigen Tagen entschieden worden. Und anders als bei den ebenfalls wegen Totschlags verurteilten DDR-Verantwortlichen Kessler, Streletz, Albrecht, Baumgarten und Schabowski werde nur bei Krenz ein psychologisches Gutachten eingeholt, bevor er wieder in Freiheit darf. Das hält der Anwalt für eine "abwegige" Anordnung der Berliner Justizverwaltung. Denn bis auf die 18-tägige Untersuchungshaft im Jahr 1997 war der ehemalige Parteichef immer in Freiheit, bevor er sich vor zwölf Tagen zum Antritt seiner sechseinhalbjährigen Strafe einfand.

Hans Toeppen

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