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Für ihn sollt’s rote

© dapd

Politik: Der ewige Zweite

Die große Koalition wird wohl Heiko Maas’ Karrieregipfel – und -ende.

Die Hände sind tief in den Hosentaschen vergraben, als Heiko Maas am Montag aus Berlin zurückkommt und im Saarbrücker Landtag in die gemeinsame Sitzung von Landesvorstand und Fraktion strebt. Das Wahlergebnis steht ihm ins Gesicht geschrieben. Sechs Prozentpunkte dazugewonnen, aber auf der Zielgeraden von seiner CDU-Widersacherin Annegret Kramp-Karrenbauer überholt und wieder mal Zweiter geblieben. Maas, dem böse Zungen nachsagen, er gehe zum Lachen in den Keller, blickt noch eine Spur grimmiger als sonst. Auch nach der Sitzung, in der er volle Unterstützung für Koalitionsverhandlungen mit der CDU erhält, wirkt er nicht fröhlicher. Als ein Reporter fragt, ob er in den letzten Stunden mal an Aufgeben gedacht habe, antwortet er mit einem knappen: „Nein!“

Nach der Landtagswahl 2009 war das schon mal anders. Maas hatte sich noch in letzter Minute parteiintern für eine Leihstimmen-Kampagne zugunsten der Grünen starkgemacht. Tatsächlich gab es dann eine Mehrheit für eine rot-rot-grüne Koalition. Als der Grünen-Vorsitzende Hubert Ulrich in letzter Minute zur Jamaika-Koalition umschwenkte, war Maas wirklich kurz davor, alles hinzuschmeißen. Erneut nahm er auf den Oppositionsbänken Platz, wo er seit 1999 sitzt. Die SPD war damals in einer schwierigen Situation. Oskar Lafontaine hatte im März 1999 alle Brocken geschmissen, sein Nachfolger Reinhard Klimmt musste es ausbaden: Niederlage gegen den CDU-Herausforderer Peter Müller. Maas übernahm den Fraktions- und 2000 auch den Parteivorsitz und wähnte sich auf gutem Weg, Lafontaine wieder in die Partei zu integrieren. Doch der scherte kurz vor der Landtagswahl 2004 aus, als er Kanzler Gerhard Schröder öffentlich attackierte. Die Saar-SPD mit Heiko Maas als Spitzenkandidat verlor das Duell gegen die CDU mit Pauken und Trompeten, Lafontaine gründete eine neue Partei. Bei der Landtagswahl 2009 sackte die SPD noch weiter ab, auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis von 24,5 Prozent. Lafontaine feierte mit der Linken einen fulminanten Erfolg von 21,3 Prozent.

Auch jetzt wieder: SPD 30,4 Prozent, Linke 16,1 Prozent. Zusammen hätten die beiden Parteien aus gleichem Fleisch und Blut eine knappe Mehrheit. Und dennoch, es geht nicht zusammen. Maas ist wieder Zweiter, und wieder hat ihm sein einstiger politischer Ziehvater Lafontaine die Tour vermasselt. Maas lehnt jedes Koalitionsangebot des ewigen Störenfrieds ab und ist deswegen jetzt auf die große Koalition mit der CDU festgelegt. Dafür bekam er bei seiner Nominierung als Spitzenkandidat 100 Prozent der Delegiertenstimmen, das zieht er jetzt durch. Das sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, sagt Maas.

Immerhin kann er die SPD dadurch wieder auf die Regierungsbank bringen, inhaltlich sind sich CDU und SPD bei den Sondierungsgesprächen im Januar schon sehr nahegekommen. In der Bildungspolitik gibt es überwindbare Differenzen bei den Klassengrößen; der gesetzliche Mindestlohn oder die Erhöhung des Spitzensteuersatzes werden ohnehin auf Bundesebene entschieden. Das persönliche Verhältnis zwischen Maas und Kramp-Karrenbauer gilt als unverkrampft. Außerdem gibt es in der SPD nicht nur niemanden, der jetzt die Messer gegen Maas wetzt, es ist überhaupt niemand in Sicht, der es besser machen könnte als Maas.

Nur eins scheint unvorstellbar: dass ein Vize-Regierungschef Maas Anfang 2017 noch einmal als Spitzenkandidat für die SPD antritt. Dann ist er zwar erst 50 Jahre alt – aber das Etikett des ewigen Zweiten wird er wohl nicht mehr los. Bis dahin muss die Partei einen Nachfolger finden. Es sei denn, Maas lässt die große Koalition zur Mitte der Legislaturperiode platzen und zieht doch noch die zweite Option mit der Linken und möglicherweise auch den Grünen. Die Chance, dass Lafontaine dann der saarländischen Politik ade gesagt hat und wieder im Bundestag sitzt, steht derzeit nicht schlecht.

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