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Politik: Der freundliche Mörder

Nachbarn erlebten den Planer der Anschläge von Madrid als „normal“. Doch bei Lesungen predigte er Hass

Das ist der Mann, der den „Heiligen Krieg" nach Spanien brachte: der Tunesier Serhane Ben Abdelmajid Fakhet, 35 Jahre alt, seit acht Jahren in Spanien lebend, zunächst als Wirtschaftsstudent, dann als Immobilienverkäufer. Anscheinend hatte der Mann ein „ganz normales Leben“ – ein Lebensprofil, das auf alle bisher identifizierten Terroristen des Massakers von Madrid passt. Die mutmaßlichen Massenmörder wurden durchweg von ihren nichts ahnenden Nachbarn als „sympathische und freundliche“ Zeitgenossen beschrieben.

Dass Fakhet ein islamistischer Fanatiker war, wussten nur jene, die er in den letzten Jahren in Madrid als „Gotteskrieger“ angeworben hatte. Seit diesem Wochenende weiß alle Welt, dass der Schein und das Sein im Leben dieses Tunesiers wenig miteinander zu tun hatten. Fakhet sprengte sich an diesem Wochenende in Madrid mit mindestens drei Gesinnungsgenossen in die Luft.

Inzwischen weiß man aus den Aussagen jener, die nach dem Anschlag vom 11. März verhaftet wurden, dass Fakhet der Ideologe und religiöse Einpeitscher war. Der Mann hetzte wenigstens zwei Dutzend Islamisten, die meisten aus dem Umfeld der „Islamischen Kampfgruppe Marokkos“ (GICM), zur Bombenattacke gegen Spanien auf. Dies geschah vermutlich nicht allein aus eigenem Antrieb, sondern als Anhänger, wenn nicht Befehlsempfänger des internationalen Terrornetzwerkes Al Qaida.

Alle jene, die nicht wie er die Idee des „Heiligen Krieges" gegen die USA und ihren vielleicht lautesten europäischen Verbündeten Spanien teilten, verdammte er als „Ungläubige". Dazu gehörte sogar die breite Mehrheit der moderaten Moslems in Madrid, in deren Kreis er seit Jahren agitierte. Wer ihn nicht unterstützte, dem sagte er: „Du wirst zur Hölle fahren.“ Die Predigten in den Moscheen Madrids waren ihm schon lange „zu unreligiös“. Deswegen organisierte er in konspirativen Wohnungen in Madrid und in Häusern im Umland seine persönlichen Lesungen, die sich durch Hass und Intoleranz auszeichneten. Immer wieder führte er Videos von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden vor, in denen zur Gewalt gegen den Westen aufgerufen wurde. Und immer schlimmer, so die Aussagen, seien seine Hasstiraden ausgefallen.

In dem Ermittlungsbericht zum Massaker des 11. März wird er beschuldigt, für die „Aufstachelung zum Heiligen Krieg in seiner Umgebung“ verantwortlich zu sein. Seit Sommer 2003 habe er in Extremistenkreisen konkret davon gesprochen, einen „großen Schlag“ gegen Spanien zu organisieren. Daraus wurde das schlimmste Terrorattentat der spanischen Geschichte.

Ralph Schulze[Madrid]

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