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Politik: Der moderne Konservative

David Cameron will die Tories umkrempeln – sozial, ökologisch und multikulturell sollen sie sein

Von Markus Hesselmann

Der junge Chef fand, er müsse da mal was klarstellen: „Wir sind keine Partei von Rassisten“, sagte David Cameron bei einem Besuch in Birmingham, einer Stadt, in der besonders viele Immigranten leben. Kurz zuvor hatte der Vorsitzende der britischen Konservativen durchgegriffen und den Unterhausabgeordneten Patrick Mercer zum Hinterbänkler degradiert. „Schwarze Bastarde“ – diese beiden Worte beendeten die politische Karriere des früheren Army-Colonels, der bei einem Wahlsieg als Innenstaatssekretär vorgesehen war. Unter Soldaten sei es normal, dass dunkelhäutige Kameraden schon mal auf diese Art angegangen würden, hatte Mercer am Donnerstag der Online-Ausgabe der „Times“ gesagt. Viele Soldaten aus ethnischen Minderheiten seien „träge und unbrauchbar“. Sie entschuldigten ihr Versagen mit angeblichem Rassismus.

Da war es wieder, das hässliche Gesicht der Tories. Der 40-jährige Cameron, Chef seit Ende 2005, lebt in der ständigen Angst, dass seine Partei in die alten Muster verfällt. Fremdenfeindlich, bigott, sozialdarwinistisch – das sind die Labels, die den britischen Konservativen anhaften. Cameron will diese Labels abreißen. „Er will, dass die Tories geliebt werden“, sagt Kieron O’Hara, Autor des neuen Buches „After Blair. Cameron and the Conservative Tradition“. Cameron möchte der Partei Winston Churchills und Margaret Thatchers ein neues Image verpassen: sozial, multikulturell, ökologisch. Er will „New Labour“ in der politischen Mitte schlagen und hofft dabei auch auf möglichst viele Stimmen britischer Immigranten. Patrick Mercer half es nichts, dass er sogleich beteuerte, falsch interpretiert worden zu sein. Er habe nur die Situation beschrieben, wie sie ist, und sei stolz auf die vielen guten Soldaten aus Immigrantenfamilien. Cameron ließ sich nicht auf Diskussionen ein. „Seine Aussagen sind überhaupt nicht hilfreich, und ich bin grundsätzlich anderer Meinung als er. Deshalb nimmt Mercer jetzt auf den hinteren Bänken Platz“, sagte Cameron der „Birmingham Post“.

„In dem Klima, dass David Cameron in der Partei geschaffen hat, musste er sofort durchgreifen“, sagt Konservatismus-Experte O’Hara. Ein Klima, das offener ist für neue Ideen, aber gleichzeitig vom Streit mit der alten Garde bestimmt. Im konservativen Hausblatt „Daily Telegraph“ meldete sich denn auch prompt Norman Tebbit zu Wort. „Ehrlichkeit ist ein Vergehen in der neuen mitfühlenden Konservativen Partei“, schrieb Margaret Thatchers einstiger Einpeitscher in einem Leserbrief. „Es gibt einige Meinungsverschiedenheiten über Mercers Entlassung.“ Laut „Daily Telegraph“ sehen andere Konservative Camerons Entscheidung als Beispiel „verrückt gewordener politischer Korrektheit“. Damit konfrontiert sagte Cameron: „Das ist total falsch, und ich bin hier der Chef.“

Wird der junge Vorsitzende diesen Kampf gewinnen? „Seine klare Führung in Umfragen macht ihn zurzeit unangreifbar“, sagt Kieron O’Hara. Hätten die Briten jetzt die Wahl zwischen Camerons Konservativen und einer von Gordon Brown, Tony Blairs designiertem Nachfolger, geführten Labour-Partei, dann bekämen die Tories 42 Prozent der Stimmen und Labour 29 Prozent. Cameron habe alle Chancen, diesen Rückhalt zu nutzen, um seine Partei umzukrempeln, sagt O’Hara. „Genau wie Tony Blair vor zwölf Jahren.“

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