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Politik: Der Nahe Osten – ganz nah

Bundestag debattiert über Panzerlieferungen

Berlin - Die Koalition hat es nicht leicht an diesem Freitag, dem letzten Sitzungstag des Parlaments vor der Sommerpause. Schon zum zweiten Mal in dieser Woche hat die Opposition ein für Union und FDP höchst unangenehmes Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Es geht um die mutmaßliche Entscheidung des Bundessicherheitsrats, die Lieferung von 200 Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien zu gestatten. Und damit um die Glaubwürdigkeit der Außen- und Sicherheitspolitik der christlich-liberalen Regierung insgesamt.

Kann man die Demokratiebewegung im Nahen Osten unterstützen und den arabischen Frühling preisen, aber gleichzeitig schweres Gerät in ein Land liefern, das die Menschenrechte verletzt und erst kürzlich dabei half, den Volksaufstand in Bahrain mit Gewalt niederzuschlagen? Das ist die Kernfrage, mit der sich die schwarz-gelbe Koalition konfrontiert sieht und die sie nur schwer beantworten kann.

Die Bundesregierung selbst versucht es erst gar nicht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt erst kurz vor Ende der Debatte, das Wort ergreift sie nicht. In der „Mittelbayerischen Zeitung“ hat sie ihr Schweigen immerhin begründet. Die Beratungen und Beschlüsse des Bundessicherheitsrats seien stets geheim – und das aus „aus gutem Grund“ . Ob der für Rüstungsexporte zuständige Kabinettsausschuss das Geschäft bereits genehmigt hat, bleibt also auch an diesem Freitag formal unbestätigt – ein Umstand, aus dem der CDU-Mann Roderich Kiesewetter ein Argument abzuleiten versucht. Da weniger als zehn Personen wirklich Bescheid wüssten, solle das Parlament nicht aufgrund von Spekulationen populistische Forderungen stellen.

Die Wirkung solcher Mahnungen, etwa auf Sigmar Gabriel und Gregor Gysi, den SPD-Chef und den Linksfraktionsvorsitzenden, geht gegen null. Gabriel wirft der Regierung vor, die Unterstützung der Demokratiebewegung in Nordafrika „geringer“ zu schätzen als das „Sicherheitsinteresse an einem stabilen feudalen Königshaus“. Sollten die Panzer geliefert werden, „dann überschreiten Sie den Rubikon einer wertegebundene Außenpolitik ganz, ganz eindeutig“. Gysi warnt, die Panzerlieferung würde die Unterstützung der deutschen Außenpolitik für die Demokratiebewegungen völlig „unglaubwürdig“ machen.

Die Koalition hat dem wenig entgegenzusetzen. Immerhin schafft es der FDP-Abgeordnete Martin Lindner, Grünen-Chefin Claudia Roth die Zornesröte ins Gesicht zu treiben, indem er an den Anstieg von Rüstungsexporten unter Rot-Grün erinnert. Am Ende entscheiden die Abgeordneten über Oppositionsanträge, in denen die Regierung aufgefordert wird, das Geschäft zu stoppen. Union und FDP gewinnen die namentlichen Abstimmungen. Der politische Tagessieg aber geht an die Opposition. has

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