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Der Papst begrüßt Ende Januar ein Kind in der Audienzhalle des Vatikans. Mit seiner Predigt über die Rolle des Vaters hat Franziskus viel Aufsehen erregt. Ihm wird vorgeworfen, Gewalt gegen Kinder zu relativieren.

© Osservatore Romano/dpa

Franziskus und die Kinder: Der Papst wird missverstanden

In einer Predigt lobt der Papst einen Vater, der seine Kinder schlägt - und muss dafür selbst einstecken. Im Kern aber ist das Vaterbild, das Franziskus zeichnet, ungeheuer modern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

In seiner wöchentlichen Generalaudienz hat der Papst am Mittwoch über die Rolle des Vaters gepredigt und unerwartet großen Widerhall gefunden. Gegen Ende der Ansprache erwähnt Franziskus, wie er einmal auf einer Hochzeitsfeier einen Vater habe sagen hören: „Ich muss meine Kinder manchmal ein bisschen schlagen, aber niemals ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen.“ „Che bello – Wie schön!“, fuhr der Papst laut italienischem Predigtmanuskript fort. „Er hat Würde erspürt.“

Für diese Relativierung körperlicher Gewalt gegen Kinder hat Papst Franziskus seinerseits Haue bezogen. Ein „würdevolles“ Schlagen gebe es nicht, heißt es aus dem Familienministerium. Der Papst mache sich „mitschuldig“, wenn Kinder geschlagen würden, teilte die Deutsche Kinderhilfe mit. Und Claudia Roth befand: „Mittelalterliches Denken“. Tatsächlich weist die Predigt insgesamt in eine völlig andere Richtung. Das Vater-Bild, das Franziskus zeichnet, ist ungeheuer modern und greift aktuelle Probleme auf.

Das wichtigste Anliegen ist Franziskus die Anwesenheit des Vaters in der Familie. Er müsse an der Seite der Frau stehen und alles mit ihr teilen, „Freude und Schmerz, Mühen und Hoffnung“. Woran er dabei wohl denkt, spielt er mit einem Verweis auf Josef an: Auch dieser habe sich erst davon machen wollen, als er von Marias Schwangerschaft erfuhr, dann aber die Verantwortung angenommen. Die vaterlose Familie ist ein großes Thema in der von Franziskus umworbenen Welt der Favelas, wo die Väter sich aus dem Staub machen oder im Knast sitzen. Aber auch in Deutschland, wo es in rund einem Fünftel aller Familien nur ein Elternteil gibt – meist die Mutter.

Franziskus: Väter sollen gleichberechtigt die Kinder erziehen

Als Leitbild für den „padre presente“ nennt der Papst den barmherzigen Vater aus dem Lukas-Evangelium, der geduldig wartet, dass der Sohn, der viele Fehler gemacht hat, nach Hause zurückkehrt. Auch ansonsten scheint ein eher freiheitliches pädagogisches Konzept durch: Franziskus fordert, das Kind nicht nach dem eigenen Vorbild zu formen, sondern anzuleiten, selbst eine Haltung zu entwickeln und dabei eigene Schwächen nicht zu verhehlen. Das sei unendlich schwierig, gibt der Papst zu. Dann kommt der Einschub: Ja, ein Vater dürfe dabei auch nicht zu weich sein.

Bereits mehrfach hat der Papst mit seiner volksnahen Sprache für Verwunderung und Empörung gesorgt. Die Leute sollten sich nicht vermehren „wie die Kaninchen“, sagte er zuletzt. Dieses Mal droht der Kern der Botschaft hinter seiner Flapsigkeit zu verschwinden. Schade.

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