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Zwei mit Macht und Einfluss: An Parteichef Sigmar Gabriel und dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier kommt in der SPD derzeit niemand vorbei. Beide reden ein gewichtiges Wort bei der Verteilung der Posten mit. Foto: Soeren Stache/dpa

© dpa

Politik: Der schweigsame Herr Gabriel

Die SPD macht aus ihrer Personalliste ein Geheimnis – das gilt auch für das Amt des Fraktionschefs.

Von Hans Monath

Berlin - Zumindest eines steht im Personaltableau der Sozialdemokraten schon fest: Die Hälfte der SPD-Kabinettsposten, so versprach Sigmar Gabriel am Wochenende, werden Frauen übernehmen. Bei der Besetzung der voraussichtlich sechs sozialdemokratischen Ressorts muss der SPD-Chef also nicht nur auf politische Eignung, Rückhalt in der Partei und landsmannschaftliche Ansprüche, sondern auch auf Geschlechterparität achten.

Noch stärker eingeschränkt ist sein Handlungsspielraum, wenn es um den Posten des Fraktionschefs geht: Sofern Frank-Walter Steinmeier, der nach der Bundestagswahl wiedergewählt worden war, verzichten sollte, ließe sich ein Nachfolger nicht in geheimer Runde bestimmen. Über ihre Chefin oder ihren Chef entscheiden alle 193 Abgeordneten.

Mit Rücksicht auf das laufende Mitgliedervotum schweigt Gabriel über seine Personalwünsche ebenso eisern wie über seine eigenen Ambitionen. Dabei gibt es in der Fraktion Abgeordnete, die sich ihn als Frakionschef wünschen. „Wir wollen nach vier Jahren aus der großen Koalition raus, und das geht besser mit einem Parteichef, der nicht in die Kabinettsdisziplin der großen Koalition eingebunden ist“, sagt ein SPD-Parlamentarier. Mit der Macht seiner selbstbewussten Abgeordneten im Rücken, so das Kalkül, könnte der Parteichef Spielräume nutzen, die ihm als Vizekanzler versperrt blieben. Allerdings kann Gabriel gegen Steinmeier keinen Nachfolger durchsetzen – einen Putsch würde die Fraktion verhindern.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages hatte Gabriel die Energiewende als größte Herausforderung seit der Einheit bezeichnet und ihr eine welthistorische Bedeutung zugeschrieben: Wenn das Umsteuern in Deutschland nicht klappe, so warnte er, werde kein Land folgen. Auch in der SPD deuteten dies viele als Hinweis darauf, dass er ein aufgewertetes Wirtschaftsministerium leiten will. In dem Amt ließe sich die Wirtschaftskompetenz zurückgewinnen, die der SPD laut Gabriels Analyse verloren gegangen ist.

Viele Abgeordnete rechnen inzwischen damit, dass Gabriel das Finanzministerium nicht mehr beansprucht. Den gegenseitigen Respekt und den moderaten Ton der Verhandlungsführer Steinmeier und Thomas de Maizière (CDU) in der Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik deuten manche Sozialdemokraten als Indiz dafür, dass die künftigen Außen- und Verteidigungsminister das Ressort ihres jeweiligen Gegenübers schonten. Steinmeier stemmt sich auch nicht mit Macht gegen den sich verfestigenden Eindruck, er stelle sich auf eine Rückkehr ins Auswärtige Amt ein, das er bereits von 2005 bis 2009 führte.

Für den Posten an der Spitze der Fraktion werden für den Fall, dass Steinmeier verzichtet und Gabriel tatsächlich Vizekanzler wird, in der SPD drei Namen genannt: Andrea Nahles, Thomas Oppermann und Brigitte Zypries.

Generalsekretärin Nahles hat deutlich gemacht, dass sie künftig eine wichtige Funktion beansprucht und sich nicht etwa ins Entwicklungsministerium abschieben lassen will. Die Partei trägt ihr allerdings Pannen im Wahlkampf nach, mancher Abgeordnete bemängelt ihre „Außendarstellung“, ihre nicht immer trittsicheren öffentlichen Erklärungen.

Fraktionsgeschäftsführer Oppermann drängt es in die Exekutive, zumal ihm Teile der Fraktion bei einer Wahl auch die Gefolgschaft versagen könnten. Ein ähnliches Problem hätte Ex-Justizministerien Brigitte Zypries: Obwohl ihr Vertrauter Steinmeier sie stützte, verweigerte der Fraktionsvorstand ihr 2011 die Nominierung zur Fraktionsvize und wählte stattdessen Christine Lambrecht.

Auch der amtierende Fraktionschef mahnte am Wochenende zu Geduld. „ Natürlich sind Ressortaufteilungen und personelle Zuordnungen besprochen, aber sie sind nicht abschließend vereinbart worden“, sagte Steinmeier dem Deutschlandfunk. Deshalb müssten die Personalgespräche „noch fortgeführt werden“. So geheim hält die SPD das Verfahren, dass Parteivize Manuela Schwesig am Montag nicht einmal verraten konnte oder wollte, ob die Personalliste unmittelbar nach Auszählung des Mitgliedervotums bekannt gegeben wird. „Fragen Sie Herrn Gabriel!“, lautete ihre Antwort.

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