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Politik: „Der tiefste Fall der Menschheit“

Europa gedenkt der Opfer von Auschwitz – Israels Präsident: Wir werden die Toten auf ewig beweinen

Am 60. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz ist in ganz Europa der Opfer des Holocaust gedacht worden. Papst Johannes Paul II. sprach von einem „Verbrechen, das die Geschichte der Menschheit für immer verdunkeln wird“. Mindestens 1000 frühere Häftlinge und mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie Delegationen aus 46 Staaten gedachten auf dem Gelände des Konzentrationslagers der Opfer. Zahlreiche Redner warnten vor wieder erstarkendem Antisemitismus und Rassismus. Die Welt müsse alles unternehmen, um weitere Völkermorde zu verhindern. An der Gedenkfeier nahm auch Bundespräsident Horst Köhler teil. Parallel dazu erinnerte der Deutsche Bundestag in Berlin in einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus.

Bei der Gedenkfeier im Außenlager Auschwitz-Birkenau sprach der israelische Präsident Mosche Katsav vom „größten Friedhof“ des jüdischen Volkes, das die Opfer des Holocaust „auf ewig beweinen“ werde. Die Deutschen hätten ihre Todesfabrik „mit unfehlbarer Präzision“ betrieben. Den Alliierten warf Katsav vor, die Bombardierung der Bahnstrecken in das Todeslager unterlassen zu haben.

Polens Staatspräsident Aleksander Kwasniewski nannte Auschwitz einen „europäischen Friedhof“ mit Toten aus 25 Nationen, besonders aber von Juden. Das Vernichtungslager stehe für den „tiefsten Fall der Menschheit“. Für Polen sei das Vernichtungslager auch ein Ort des Nachdenkens über die Jahrhunderte alte jüdisch-polnische Geschichte. Er dankte den Soldaten der Roten Armee für die Befreiung seines Landes vom Nazi-Joch.

Russlands Präsident Wladimir Putin nutzte die Gedenkfeier dazu, an die 27 Millionen sowjetischen Kriegsopfer und die 600 000 Soldaten der Roten Armee zu erinnern, die bei der Einnahme Polens fielen. Der frühere polnische KZ-Häftling Wladyslaw Bartoszewski plädierte mit dem Verweis auf das hohe Alter der Überlebenden, die noch über ihre Erfahrungen mit dem Totalitarismus berichten könnten, für die Schaffung eines Auschwitz-Zentrums. Die Französin Simone Veil, die ebenfalls KZ-Häftling war, erinnerte daran, dass Völkermord auch nach Auschwitz noch immer an der Tagesordnung sei: Neue Anstrengungen zur Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz seien von Nöten.

Die Erinnerung an Auschwitz als das größte Verbrechen der Menschheit müsse wach gehalten werden, sagte Bundespräsident Horst Köhler nach einem Rundgang durch das Konzentrationslager. Diese Aufgabe stelle sich gerade für die Deutschen. In Brüssel legten die Abgeordneten des Europaparlaments im Gedenken an den 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz eine Schweigeminute ein. Das Parlament verlangte die Behandlung des Holocaust als Pflichtthema in den Schulen.

In der Gedenkstunde des Deutschen Bundestags sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse: „Unser Gedenken gilt allen, die unermessliches Leid erlitten, denen die Würde genommen wurde, die ihr Leben verloren." Er wies auf die Verantwortung hin, die aus dieser „beschämenden Erinnerung“ erwachse. Dass die NPD im sächsischen Landtag sitze, sei eine Schande. Auch der Auschwitz-Überlebende Arno Lustiger kritisierte in seiner Rede den jüngsten Auftritt der NPD im Dresdner Parlament.

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