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Politik: „Der Wille eines Volkes“

Am Sonntag wählen die Katalanen ein neues Parlament – Separatisten machen daraus ein Votum über die Unabhängigkeit von Spanien.

Die Stadt hat sich herausgeputzt. An vielen Fenstern und Balkonen der Regionalhauptstadt Barcelona wehen die Flaggen der katalanischen Separatisten: Fünf goldgelbe und vier rote Streifen durchziehen den Banner, der am linken Rand noch von einem Stern geschmückt wird. Auch im Camp Nou, dem Riesenstadion des FC Barcelona, werden Messi & Co seit Wochen mit den Unabhängigkeitsfahnen begrüßt. „Wir sind eine eigene Nation mit langer Geschichte“, schwört der katalanische Ministerpräsident Artur Mas seine Anhänger auf den Tag der Entscheidung ein.

Offiziell wird am kommenden Sonntag zwar nur über ein neues Regionalparlament abgestimmt. Doch Mas hat die vorgezogene Wahl als Stimmungstest, ja als Schlacht für die Unabhängigkeit Kataloniens inszeniert. „Der Wille eines Volkes“ – so lautet das Motto seiner Kampagne für die Abspaltung von Spanien. Allen Umfragen zufolge wird er mit seiner bürgerlichen Regionalistenpartei Convergencia i Unio (CiU) klar siegen und seine bisherige einfache Mehrheit im Parlament verteidigen können. Ungewiss ist jedoch, ob Mas die von ihm angestrebte absolute Mehrheit erringen kann.

Die Garantie, dass der Unabhängigkeitsprozess weitergehe, habe einen einfachen Grund: Es gebe dafür eine Mehrheit in der Bevölkerung, sagt er. Zudem plädieren noch andere Parteien für einen Abschied vom Königreich. Die wichtigste ist die aufstrebende Linkspartei Esquerra Republicana (ERC), die es mit der Abspaltung besonders eilig hat. „Wählt die Unabhängigkeit“, lautet ihr Slogan, um aus Katalonien „ein neues Land“ zu machen. Die ERC wird wohl mehr als zehn Prozent der Stimmen bekommen und zusammen mit der CiU vermutlich problemlos eine absolute Mehrheit für das „Recht auf Selbstbestimmung“ zustande bringen.

Der alte und wohl auch neue katalanische Regierungschef Mas will die 7,5 Millionen Katalanen möglichst bald in einem Referendum über die Unabhängigkeit abstimmen lassen. „Sind Sie dafür, dass Katalonien ein neuer Staat der Europäischen Union wird?“, lautet die schon feststehende Frage. Eine solche regionale Volksabstimmung ist laut spanischer Verfassung nicht zulässig. Und Spaniens konservative Zentralregierung unter Mariano Rajoy ist entschlossen, einen Unabhängigkeitsalleingang „mit allen Mitteln“ zu verhindern. Rajoy: „Niemand wird Katalonien von Spanien abtrennen.“

Madrid will alle einseitigen Schritte Kataloniens höchstrichterlich verbieten lassen. Bei Rechtsbruch könnte Kataloniens Regionalregierung abgesetzt werden, bei Gefahr für Spaniens „territoriale Unversehrtheit“ darf sogar die Armee in Marsch gesetzt werden. Doch Separatistenchef Mas schreckt dies nicht: „Wir machen das, so oder so.“ Die Zukunft werde nicht vor Gericht entschieden, „sondern vom Willen des Volkes“. Auch Drohungen, ein Katalanenstaat könnte es gar nicht in die EU schaffen, schenkt er kaum Glauben. „Katalonien ist Europa“, man werde alle EU-Kriterien erfüllen.

Bleibt die Frage, ob ein unabhängiges Katalonien, zu dem die Costa Brava gehört, ohne Spanien lebensfähig wäre? Das rebellische Territorium gilt zwar als die wirtschaftsstärkste Region Spaniens, ist aber hoch verschuldet. „Wir werden besser leben“, behauptet Mas. Die Kasse sei doch nur deshalb leer, weil die Industrieregion von der spanischen Zentralregierung in Madrid steuerlich ausgeplündert werde.

Mas fordert daher als ersten Schritt einen „Steuerpakt“ mit Spanien, damit die Katalanen das, was sie einnehmen, auch zum eigenen Wohle ausgeben können. Der zweite Schritt ist auch schon klar: ein eigenes katalanisches Fußballteam.

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