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Deutsche Außenpolitik in Zeiten von Trump: Merz will Rolle als „führende Mittelmacht“
Wie könnte eine Außen- und Sicherheitspolitik unter einem CDU-Kanzler Merz aussehen? In einer Rede zeichnet er die großen Linien – und spart mit Kritik am US-Präsidenten.
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Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz will im Falle eines Wahlsiegs seiner Partei und seines Einzugs ins Bundeskanzleramt die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik neu ausrichten. „Wir brauchen einen Politikwechsel“, sagte er am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Körber-Stiftung.
Man erlebe derzeit die Erosion der Prinzipien der liberalen, regelbasierten, internationalen Ordnung. Die außenpolitischen Herausforderungen werde man mit den derzeitigen Instrumenten nicht bewältigen können.
Merz selbst will mit drei Schritten einen Richtungswechsel einleiten: Erstens wolle er die außen-, sicherheits- und europapolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands „wiederherstellen“, zweitens das Vertrauen bei Partnern und Verbündete „zurückgewinnen“ und drittens strategische Prioritäten bestimmten. Aus Sicht von Merz gibt es hier aktuell starke Defizite.
Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass Donald Trump und die Republikanische Partei von den Wählerinnen und Wählern mit einem sehr starken Mandat ausgestattet worden sind.
Friedrich Merz, CDU-Spitzenkandidat
Ohne Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu erwähnen, kritisierte Merz dessen Agieren: Es sei Aufgabe des Bundeskanzlers, sicherzustellen, dass Entscheidungen von der Bundesregierung gemeinsam nach außen vertreten würden. „Der öffentliche Streit der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass weder unsere Partner noch unsere Widersacher wussten, wo Deutschland an der Weggabelung der internationalen Politik steht.“
Das werde sich unter seiner Führung nicht wiederholen. Merz warnte vor China, Russland, Nordkorea und dem Iran und sprach von einer „langfristigen antiliberalen Achse von Staaten“.
Der CDU-Politiker kündigte erneut an, einen Nationalen Sicherheitsrat beim Bundeskanzler einrichten zu wollen. Mitglieder sollen Minister der Bundesregierung, Vertreter der Bundesländer sowie der wichtigsten Sicherheitsbehörden des Bundeslandes sein.
Merz sagte, die deutsche Außenpolitik formuliere zu oft nur Ziele, aber keine Strategien zu deren Erreichen. Das wolle er ändern – und dabei auch Prioritäten festlegen.
Stärkung der Beziehungen mit Polen und Frankreich
In seiner Rede legte Merz einen starken Fokus auf die Rolle Europas und Deutschlands Beziehung zu den europäischen Nachbarn. Er wolle Deutschlands „europapolitische Sprachlosigkeit beenden“ und insbesondere die Zusammenarbeit mit Polen und Frankreich weiter stärken.
Im Fall seiner Wahl will Merz im kommenden Jahr anlässlich des 35-jährigen Bestehens des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags einen „Freundschaftsvertrag“ mit dem Nachbarland schließen. Als neugewählter Kanzler wolle er am ersten Tag im Amt sowohl nach Warschau als auch Paris reisen.
Deutschland trage Verantwortung „nicht nur für seine eigenen Interessen, sondern für den Zusammenhalt in ganz Europa“. Er kritisierte, dass die Bundesrepublik sich in wichtigen europapolitischen Fragen oft enthalte. Deutschland solle von einer „schlafenden Mittelmacht zu einer führenden Mittelmacht“ werden.
Mit Blick auf die Ukraine bekräftigte Merz seinen Standpunkt, das Land müsse unter der Wiederherstellung der territorialen Integrität den Krieg gewinnen und weiterhin auf Deutschlands Unterstützung setzen können.
Uneingeschränkte Unterstützung für Israel
Auch Israel sprach Merz uneingeschränkte Unterstützung zu. Er wolle das „faktische Exportembargo der amtierenden Bundesregierung“ aufheben, sagte Merz. „Was Israel zur Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts benötigt, wird Israel auch bekommen.“
Als ihm die Frage gestellt wurde, was stärker wiege – die Unterstützung Israels als Staatsräson oder die Einhaltung internationalen Rechts mit dem vom Internationalen Strafgerichtshofs erlassenen Haftbefehl für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu – wand sich Merz sichtlich.
Zwar habe der Strafgerichtshof eine „formal zutreffende Entscheidung“ getroffen. Aber er könne sich nur „schwer vorstellen“, dass ein Ministerpräsident aus Israel Deutschland oder andere Länder der Europäischen Union nicht mehr besuchen könne. Er werde daher „alles tun“, um „eine entsprechende Vollstreckung dieses Spruchs des Internationalen Strafgerichtshofs abzuwenden“, sagte Merz
Einzigartige Partnerschaft?
Erst am Ende seiner Rede kam der CDU-Politiker auf die USA und die transatlantischen Beziehungen zu sprechen – und sparte dabei deutliche Kritik an US-Präsident Donald Trump aus. Man solle zur Kenntnis nehmen, dass Trump und die Republikanische Partei von den Wählerinnen und Wählern mit einem „sehr starken Mandat“ ausgestattet worden sei.
Die transatlantischen Beziehungen müsse man „pragmatisch weiterentwickeln“ und dabei auf gegenseitige Belehrungen verzichten sowie Widerstände aushalten. „Historische Nostalgie bringt uns in der Gegenwart keinen Schritt weiter“, sagte Merz.
Es gebe keine zweite Partnerschaft auf der Welt, die so tief sei wie die zwischen Deutschland und den USA. Dieses Band habe bislang gehalten, egal wer regiert habe. Er wiederholte seine bereits zuvor getätigte Aussage, Trumps Amtszeit sei auch die „Chance einer Selbststärkung Europas“.
Merz plädierte dafür, einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Handelsbündnis zu unternehmen. Als Zeichen für die Verbündeten im Indopazifik sprach sich Merz dafür aus, eine „dauerhafte europäische Marinebasis“ einzurichten.
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