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Deutsche Flagge: Noch einmal: Ströbele und Schwarz-Rot-Gold

Hans-Christian Ströbele kommt auf sein Lieblingsthema zurück. Bernd Matthies über einen zeitlosen Fußball- und Flaggenstreit.

Was hätten wir grad im Angebot? Die Megarezession, versteht sich, die gute alte Klimakatastrophe, den Terrorismus und ein paar Sekundärtragödien wie den immer noch frei herumlaufenden Briefkastenbomber. Da ist nicht mehr viel Platz für zusätzliches Gedröhn – vielleicht noch einen ganz winzigen Flaggenstreit zur Erholung?

Bitte, da ist er schon. Unsere schwarz-rot-goldene Nationalflagge, lange als notwendiges Übel geduldet, als eine Art Etikett, damit die Leute halt wissen, welches Land dahintersteckt, hat sich gewandelt. Spätestens im Verlauf der Fußball-WM 2006 ist sie zu einer erogenen Nationalzone geworden. Das führte dazu, dass jeder, der Zweifel an ihr ins Herz der Deutschen zu säen sucht, als Sittenstrolch zackbumm des Platzes verwiesen wird.

Hans-Christian Ströbele, Himmel ja, er hat schon Sachen gesagt, für die man ihm all seine Wählerstimmen nachträglich entziehen möchte. Aber Krach mit der CDU und ihren Sprechern hat er nun gerade jetzt für einen zeitlosen Interviewsatz bekommen, der irgendwie ein paar Monate zu spät dran ist. Er habe sich, sagte er dem Deutschlandfunk, während der Fußball-WM, als die Flaggen wieder in Massen zu sehen waren, „irgendwie unwohl gefühlt“ und das „nationale Raushängen“ habe ihm nicht gepasst.

Das ist ein ganz sympathisches Gefühl, finde ich. Es müsste doch erlaubt sein, den Nationaltaumel lieber nicht mittaumeln zu wollen und Fans unheimlich zu finden, die sich im Vollsuff mit der Flagge vornweg einen Weg durch den U-Bahnhof bahnen, nicht wahr? Zumal, wenn sie dabei „Deutschland! Deutschland!“ brüllen? Und ist es staatsfeindlich, hupende schwarz-rot-goldene Autokorsos doof zu nennen?

Ach, aber nun läuft die Bestandpunktungsmaschinerie wieder auf vollen Touren. Mißfelder! Gehb! Geis! Von und zu Guttenberg! Niebel! Alle dröhnen und donnern, als habe Ströbele gefordert, den Reichstag in eine große Pace-Flagge einzuwickeln und drinnen zur Moschee mit eingebautem Terrorverstehzimmer umzuwidmen. Was er, wohlgemerkt, nicht getan hat.

Nur hat er offenbar nicht eingerechnet, dass Flagge und Fußball zumindest gemeinsam eine Art Ersatzreligion darstellen, deren Imame es nicht so mit der Toleranz haben. Sein Gegenentwurf: eine Flagge, die vorn deutsch und hinten türkisch ist. Gab es zur WM, fand er lustig. Auf dem Reichstag ist sie aber nur sehr schwer vorstellbar.

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