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Politik: Deutscher ein Al-Qaida-Führer?

Frankreichs Innenminister hält inhaftierten Christian G. für Kontaktmann Bin Ladens – deutsche Sicherheitsexperten sind skeptisch

Berlin/Paris. Der vor gut einer Woche in Paris verhaftete deutsche Islamist Christian G. ist nach Angaben der französischen Regierung ein wichtiges Mitglied des Terrornetzes Al Qaida. Innenminister Nicolas Sarkozy sagte am Mittwoch in der Nationalversammlung, dass Christian G. nach Geheimdienstangaben Kontakt zu Osama bin Laden hatte. Deutsche Sicherheitskreise bezweifeln aber, dass Christian G., der auch in das Attentat von Djerba 2002 verwickelt sein soll, bei Al Qaida eine herausragende Rolle spielte.

Nach den Angaben der französischen Geheimdienste sei Christian G. in Afghanistan und Bosnien gewesen, sagte Sarkozy. Der zwei Tage vor ihm auf dem Pariser Flughafen gefasste Marokkaner Karim Mehdi habe den aus Polen stammenden Deutschen als einen der Organisatoren und Geldgeber eines Attentats bezeichnet, das auf der französischen Insel La Réunion verübt werden sollte. Der 36Jährige sei „Informatik- und Telekommunikations-Spezialist“, sagte Sarkozy weiter. Christian G. selbst habe keine Aussagen gemacht.

Bei einem Anschlag auf die Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba, als dessen Mitwisser Christian G. gilt, waren 21 Menschen getötet worden, darunter 14 Deutsche. Der Duisburger wurde danach festgenommen, musste aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Trotz der weiterlaufenden Ermittlungen von Generalbundesanwalt Kay Nehm konnte sich G. im November 2002 nach Saudi-Arabien absetzen.

Auf die französischen Meldungen zur angeblichen Bedeutung von Christian G. reagierten deutsche Sicherheitskreise skeptisch. Christian G. habe als ehemaliger Christ automatisch keine führende Rolle in der extrem frommen Terrororganisation einnehmen können, sagte ein Experte dem Tagesspiegel. Außerdem habe G. bei Religionsstudien in Saudi-Arabien versagt. Er sei allerdings Osama bin Laden vorgestellt worden – aber nur, weil er bei Al Qaida einer der wenigen Konvertiten war. Es sei zu vermuten, dass die Franzosen die Festnahme von G. nutzten, um ihr Verhältnis zu den Amerikanern zu verbessern.

Die deutschen Behörden bezweifeln auch, dass Christian G. eine entscheidende Rolle beim Anschlag auf Djerba gespielt hat. Der tunesische Selbstmordattentäter hatte am 11. April 2002 kurz vor der Explosion seines Gas-Transporters mit G. telefoniert. Aus dem Telefonat sei aber kein Hinweis auf ein Anschlagssignal herauszuhören, hieß es.

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