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Die Situation auf den Corona-Intensivstationen bessert sich in fast ganz Europa.

© Imago/ZUma Wire/Celestino Arce Lavin

Corona-Kennzahlen im europäischen Vergleich: Deutschland dürfte britische Inzidenz bald unterschreiten

Die deutschen Corona-Zahlen stimmen zunehmend optimistisch. Doch wie sieht es woanders in Europa aus? Ein Vergleich der vier bevölkerungsreichsten Länder.

Die Analysen der Corona-Entwicklung in Deutschland wurden aus Sicht von Gesundheitsexperten zuletzt immer optimistischer. Schließlich sinkt die Zahl der neuen Infektionsfälle pro 100.000 Einwohner Tagesspiegel-Zahlen zufolge seit Ende April kontinuierlich, die Zahl der Corona-Intensivpatienten mittlerweile deutlich und die Zahl der Menschen, die an oder in Verbindung mit einer Infektion sterben, leicht.

Deutschland

  • Einwohner: 83,0 Millionen
  • Sieben-Tage-Inzidenz: 37
  • Positivrate: 5,8 Prozent (26. Mai)
  • Intensivpatienten: 2450
  • Todesfälle im 7-Tage-Mittel: 149
  • Geimpfte Einwohner: 43 Prozent (voll geimpft: 17 Prozent)

Ursächlich dafür sind die zwischenzeitlich verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und vor allem die Impfkampagne. Doch wie steht Deutschland mit seinen Zahlen in Europa da? Ein Vergleich mit den bevölkerungsreichsten Ländern in der mitteleuropäischen Nachbarschaft gibt Aufschluss.

Auffällig ist dabei, wie unterschiedlich die Sieben-Tage-Inzidenzen selbst in direkten Nachbarländern sind. Die Impfquoten liegen hingegen nicht sehr weit auseinander – mit einer bekannten Ausnahme: Großbritannien. Allerdings sind es auch die Briten, die aufgrund der indischen Virusvariante derzeit etwas Sorgen bereiten.

Großbritannien ist einiges der wenigen Länder in Europa, wo die Sieben-Tage-Inzidenz steigt, wenn auch nur leicht. Weil die Inzidenz in Deutschland kontinuierlich sinkt, könnten sich die Kurven schon bald kreuzen. „Wir haben das Gröbste hinter uns und sind am Ende dieser schweren Zeit angekommen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Wochenende. Doch nicht nur Deutschland kann sich Hoffnungen machen.

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Frankreich

  • Einwohner: 67,1 Millionen
  • Sieben-Tage-Inzidenz: 95
  • Positivrate: 3,5 Prozent (24. Mai)
  • Intensivpatienten: rund 3000
  • Todesfälle im 7-Tage-Mittel: 115
  • Geimpfte Einwohner: 37 Prozent (voll geimpft: 16 Prozent)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l.) neben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

© Imago/photothek

Frankreich ist eines von nur wenigen Ländern in Europa mit einer Inzidenz nahe der 100. Das liegt vor allem daran, dass sich das Land von einer weitaus höheren dritten Corona-Welle erholen musste. Während die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland Ende April mit fast 30.000 seinen Höhepunkt erreichte, waren es in Frankreich Mitte April weit mehr als 100.000 – dabei hat das westliche deutsche Nachbarland rund 16 Millionen Einwohner weniger.

Nachdem die Inzidenz Mitte April bei 477 lag, nimmt sie seitdem kontinuierlich ab und lag in der vergangenen Woche schon mal bei 79. Nach einem kurzen Anstieg auf 100 sinkt die Inzidenz nun wieder.

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Die Zahl der positiven Tests im Vergleich zur Gesamtzahl der Tests, die sogenannte Positivrate, war zuletzt sogar niedriger als in Deutschland. Das lässt darauf schließen, dass der Rückgang der Infektionszahlen in Frankreich schneller vonstatten geht als in Deutschland. Allerdings wird in Frankreich (durchschnittlich rund 300.000 pro Tag) auch deutlich mehr getestet als in Deutschland (durchschnittlich rund 170.000 pro Tag), wodurch die Rate weniger großen Schwankungen unterliegt.

Ähnlich stehen Frankreich und Deutschland bei der Zahl der Todesfälle in den vergangenen sieben Tage da. Die 115 weiteren Corona-Toten in Frankreich respektive die 149 in Deutschland bewegen sich auf die Einwohnerzahlen gerechnet auf ähnlichem Niveau.

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Allerdings ist in Deutschland eine noch schnellere Erholung zu erwarten. Denn: Die Zahl der Corona-Intensivpatienten ist in Frankreich mit rund 3000 deutlich höher. In Deutschland sind es mittlerweile nur noch 2450, womit der Prognosewert der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) deutlich unterschritten wird. Im Modell waren rund 2500 Intensivpatienten erst für Mitte Juni prognostiziert.

Dass die Lage in Deutschland etwas entspannter als in Frankreich ist, liegt auch am unterschiedlichen Fortschritt der Impfkampagne. Während in beiden Ländern ungefähr gleich viele Menschen bereits den vollen Impfschutz haben, hat Deutschland mit 43 Prozent bei den Erstimpfungen im Vergleich zu den 37 Prozent in Frankreich die Nase vorn.

Da schon die erste Impfung vor schweren Verläufen der Covid-19-Erkrankung schützt, dürften die Zahl der Corona-Intensivpatienten und -Todesfälle in Deutschland in Zukunft weniger Schwankungen unterliegen.

Italien

  • Einwohner: 60,4 Millionen
  • Sieben-Tage-Inzidenz: 39
  • Positivrate: 1,8 Prozent (27. Mai)
  • Intensivpatienten: 1643 (20. Mai)
  • Todesfälle im 7-Tage-Mittel: 117
  • Geimpfte Einwohner: 38 Prozent (voll geimpft: 19 Prozent)
Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi (r.) neben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

© Remo Casilli/Reuters

Italien traf die dritte Corona-Welle noch früher als Frankreich und Deutschland, im März. Nachdem die Inzidenz zum Endes Monats auf 269 gestiegen war, sinkt sie seitdem kontinuierlich. Seit Ende April verläuft der Rückgang der Infektionszahlen in Italien und Deutschland sogar ziemlich parallel.

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt nun auch auf vergleichbarem Niveau. Ähnlich verhält es sich mit den Corona-Intensivpatienten und den Todesfällen, jeweils in Relation zur Bevölkerungszahl.

Deutlich niedriger ist in Italien hingegen der Anteil der positiven Tests an der Gesamtzahl der Tests, die Positivrate. Sie lag in Italien zuletzt bei nur einem Drittel des Werts, der in Deutschland aktuell vom Robert Koch-Institut (RKI) verbreitet wird. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass wie in Frankreich auch in Italien (durchschnittlich rund 230.000 pro Tag) zuletzt deutlich mehr getestet wird.

[Mehr zum Thema: Urlaub in Deutschland und Europa: Wohin man jetzt mit welchen Auflagen reisen kann (T+)]

Die Impfquote in Italien ist mit der in Frankreich vergleichbar, liegt allerdings unter der in Deutschland. Interessant ist, dass in Italien bislang gleich viele Erst- wie Zweitimpfungen durchgeführt wurden. Das ist auf eine andere Politik bei der Impfkampagne zurückzuführen.

Während Deutschland dazu übergegangen ist, möglichst vielen Menschen eine Grundimmunität zu geben, die sie vor einem schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung schützt, impft Italien seine Bürger möglichst schnell komplett durch. Genau so macht es übrigens auch Spanien, die ebenfalls bei 19 Prozent Erst- und Zweitimpfungen stehen.

Großbritannien

  • Einwohner: 66,7 Millionen
  • Sieben-Tage-Inzidenz: 32
  • Positivrate: 0,3 Prozent (26. Mai)
  • Intensivpatienten: 743 (28. Mai)
  • Todesfälle im 7-Tage-Mittel: 9
  • Geimpfte Einwohner: 58 Prozent (voll geimpft: 37 Prozent)
Der britische Premier Boris Johnson am Tag des Beginns der Impfkampagne im Dezember

© Frank Augstein/AFP

Großbritannien ist in zweierlei Hinsicht ein Sonderfall. Zum einen schlägt sich im Nordwesten Europas der Einfluss der weit fortgeschrittenen Impfkampagne in den Corona-Zahlen nieder – was sicherlich auch mit der Unabhängigkeit in Folge des Austritts aus der Europäischen Union (EU) zu tun hat. Zum anderen machen den Briten immer wieder neue Virusvarianten zu schaffen, wie nun die indische.

Die Sieben-Tage-Inzidenz ist wohl auch aufgrund der Mutante aus Indien zuletzt wieder etwas gestiegen. Anfang Januar verzeichnete Großbritannien eine Inzidenz von 630. Durch einen strengen Lockdown und den frühen, katapultartigen Beginn der Impfkampagne sank sie bis Ende Februar schnell unter 100.

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Als die dritte Welle in Deutschland ihren Lauf nahm, sanken die Zahlen in Großbritannien langsam, aber kontinuierlich. Der vorübergehend niedrigste Wert wurde Mitte Mai mit 20 erreicht, einen Monat, nachdem umfassend geöffnet wurde.

Erstmals seit Ende April stieg die Zahl der täglichen Neuinfektionen in der vergangenen Woche wieder auf mehr als 3000, an einem Tag sogar auf mehr 4000. Ein Berater des britischen Premiers Boris Johnson sieht in dem leichten Wachstum sogar schon den Beginn einer möglichen nächsten Welle.

[Mehr zum Thema: Kontrollen finden kaum statt: Millionengewinne für Betreiber – so leicht macht Deutschland es Test-Betrügern (T+)]

Doch, bei aller Vorsicht, die weiteren Kennzahlen entwickeln sich weiterhin sehr gut in Großbritannien im Vergleich zum Rest Europas und auch zu Deutschland. Während die Inzidenz also auf einem ähnlichen Niveau ist, ist die Zahl der Todesfälle mit neun Corona-Toten im Wochendurchschnitt sehr gering – in Deutschland sind es 149.

Diese Zahl resultiert aus der im Vergleich zu Deutschland um fast drei Viertel geringeren Zahl der belegten Intensivpatienten in Großbritannien, die weiterhin leicht abnimmt. Die Briten testen auch weiterhin sehr viel, fast eine Million Abstriche pro Tag wurden zuletzt durchgeführt. Nur 0,3 Prozent davon waren positiv.

Der Hauptgrund für die sehr gute Entwicklung ist allerdings die Impfkampagne, wie eingangs erwähnt. 58 Prozent der Briten sind mittlerweile zumindest einmal geimpft, mehr als ein Drittel bereits vorübergehend komplett gegen das Coronavirus immunisiert.

Lauterbach hatte Anstieg in Großbritannien vorausgesagt

Letztere Zahl ist deshalb interessant, weil sie wie in Italien und Spanien etwas über die Politik der Impfkampagne aussagt. So setzt Großbritannien darauf, zunächst möglichst viele Menschen durchzuimpfen. Das sorgt dafür, dass der überwiegende Teil der vulnerabelsten Menschen bereits als komplett immunisiert verbucht werden kann.

Dass die Zahlen in Großbritannien wieder leicht ansteigen würden, hatte Gesundheitsexperte Lauterbach übrigens bereits vor Wochen vorausgesagt. Damals sagte er, dass es in Großbritannien darauf ankomme, ob die Impfquote schnell weit über 60 Prozent steigen könne. Das ist noch nicht der Fall. „Sollte sich die indische Variante schneller weit verbreiten, könnten die Fallzahlen in einigen Regionen wieder ansteigen“, sagte Lauterbach.

Mit der vorsichtigen Entwarnung hierzulande hatte der SPD-Politiker ebenfalls recht: „In Deutschland werden wir wahrscheinlich Glück haben und über die Runden kommen. Wir werden wahrscheinlich von einer weiten Verbreitung verschont bleiben, weil wir nicht so viele Einreisende aus Indien haben wie Großbritannien.“ Derzeit macht die indische Variante nur zwei Prozent aller Fälle in Deutschland aus.

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