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Politik: Deutschland: keinThema

In seiner ersten Regierungserklärung geht Polens neuer Premier auf jüngste Verstimmungen nicht ein

Die Außenpolitik spielt für Polens neuen Regierungschef eine Nebenrolle. Zwar hatten seine Parteigänger gestreut, dass Jaroslaw Kaczynski zu seinem Amtsantritt eine Verbesserung der getrübten Beziehungen zu Deutschland in Aussicht stellen werde. Doch schon vor der Fahrt in den Sejm bekannte der Premier den Journalisten, dass er sich überlegt habe, die internationalen Fragen in seiner Regierungserklärung gänzlich unerwähnt zu lassen. Bessere Fußball-Spieler, ein billigeres Internet, mehr Autobahnen, Wohnungen und Nationalstolz gelobte der Zwillingsbruder von Staatschef Lech Kaczynski schließlich am Dienstag in dem mit Spannung erwarteten Regierungs-Expose. Nach 65 Minuten kam er mit dem Plädoyer für eine EU-Aufnahme der Ukraine endlich auf außenpolitische Zielsetzungen seines Kabinetts zu sprechen. Die deutschen Nachbarn erwähnte der Gründer der nationalkonservativen PiS dabei nicht. Am Abend bestätigte das Parlament die neue Regierung mit 240 zu 205 Stimmen.

Seine Regierung werde alles tun, die EU-Mittel für Polen effektiv und gerecht zu nutzen, kündigte Kaczynski an. Polen wolle sich an der Überwindung der gegenwärtigen Krise der EU beteiligen. Bei der Fortsetzung des Erweiterungsprozesses werde Polen die „eigene Position nutzen“, sich aber auch an die Partner der Visegrad-Gruppe und des Weimarer Dreiecks wenden. Er unterstrich die Bedeutung der engen Beziehungen zum Nato-Partner USA und sprach sich zugleich für „Geduld“ bei der angestrebten Verbesserung der Beziehungen zu Russland aus. Zudem plädierte er für eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Asien, Lateinamerika und Afrika.

Weit mehr Aufmerksamkeit widmete der Chef der nationalpopulistischen Drei-Parteienkoalition den innenpolitischen Fragen. Nach dem pflichtschuldigen Dank an den von ihm geschassten Vorgänger Kazimierz Marcinkiewicz erklärte der 57-Jährige die Gewährleistung der nationalen Sicherheit zum wichtigsten Anliegen seines Kabinetts. Zur energiepolitischen Diversifizierung plädierte er für verstärkte Gas-Importe aus Norwegen und die Nutzung der Atomenergie. Außer für den Kampf gegen Bürokratie, Kriminalität und Korruption sprach sich Kaczynski für eine wirksamere Offenlegung der Vermögensverhältnisse politischer Amtsträger aus. Der Nationalstolz der Polen müsse gefördert werden, sagte er und kündigte den Bau eines Museums zur nationalen Geschichte an.

Bei der Opposition stieß sein Programm auf kühle Reaktionen. In den ersten neun Monaten ihrer Regierung habe die PiS bisher noch „kein einziges“ ihrer Versprechen verwirklicht, so der Chef der rechtsliberalen PO, Donald Tusk. Als „extravagant“ kritisierte er die Ankündigung des Premiers, sich persönlich in Asien und Afrika zu engagieren.

Thomas Roser[Warschau]

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