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Politik: Deutschland verhindert Kompromiss in europäischer Flüchtlingspolitik

Keine Einigung beim Treffen der EU-Innenminister / Streit um Familiennachzug und nichtstaatliche Verfolgung / Bundesländer beharren auf harter Linie

Luxemburg (dpa). Der europäische Streit um Regeln für die Anerkennung von Flüchtlingen geht weiter. Die Innenminister der 15 EUStaaten erzielten am Donnerstag in Luxemburg keine Einigung in verschiedenen Einzelfragen, wie Diplomaten am Rande der Sitzung berichteten. Vor allem Deutschland hatte sich gegen weit reichende Zugeständnisse an die europäischen Partner gesträubt. Nun könnte die Flüchtlingspolitik zum Thema der Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Thessaloniki in zwei Wochen werden. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärte, nicht nur Deutschland habe Einwände gegen die EU-Pläne: „Viele Staaten haben Vorbehalte vorgebracht.“ Er kritisierte, dass die griechische Ratspräsidentschaft von der Bundesregierung öffentlich ein Einlenken verlangt habe.

Die EU plant hingegen eine Liste sicherer Drittstaaten zur Abwehr unerwünschter Asylbewerber. In Luxemburg schlossen sich am Donnerstag fünf große Länder einer entsprechenden Initiative Österreichs und der Benelux-Staaten an. Mit einer gemeinsamen Liste sicherer Herkunftsländer könnten Anträge von Asylbewerbern aus diesen Ländern einer vereinfachten und schnelleren Prozedur unterworfen werden, betonten die Benelux-Länder in einer Erklärung zum Asyl. Der luxemburgische Justizminister Luc Frieden sagte für die Benelux-Länder, inzwischen sei eine Mehrheit der EU-Länder für den Plan. Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien sprachen sich nach Angaben von Ratsteilnehmern dafür aus. Einen formellen Beschluss gab es nicht. Die deutschen Behörden arbeiten in Asylfragen schon länger mit einer Liste so genannter sicherer Drittstaaten. Bundesinnenminister Schily hatte in Luxemburg keine Einwände mehr gegen die Neuregelung, nachdem eine Bestimmung zu Bildung und Ausbildung eingefügt worden war. Beihilfen zur Ausbildung sollen demnach im Einklang mit nationalen Bestimmungen gewährt werden. Mit diesem Zusatz braucht Deutschland kein Bafög oder Meisterbafög an Ausländer aus Nicht-EU-Ländern zu zahlen.

Vor dem Treffen der Innenminister der Europäischen Union in Luxemburg hatten die Bundesländer Schily vor größeren Zugeständnissen in der EU-Flüchtlingspolitik gewarnt. Der Streit dreht sich vor allem um den Nachzug von Familienangehörigen und Flüchtlinge, die unter nichtstaatlicher Verfolgung leiden. Schily müsse die deutschen Vorbehalte gegen zwei wichtige Richtlinien im EU-Ministerrat aufrechterhalten, sagte der Bremer Innensenator Kuno Böse als Ländervertreter vor dem Ratstreffen am Donnerstag in Luxemburg. „Wenn er die deutschen Vorbehalte aufhebt und den Entwürfen zustimmt, so wie sie hier vorliegen, dann können wir uns Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag eigentlich sparen“, sagte Böse weiter.

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