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Politik: „Deutschlands teuerster Richter“

Berlin - In seiner zwölfjährigen Amtszeit als Bundesverfassungsrichter hat Paul Kirchhof Urteile verantwortet, die den Fiskus Milliarden kosteten. Er sei der „teuerste Richter Deutschlands“, sagte der damalige Finanzminister Theo Waigel (CSU) über den heute 62-jährigen Professor.

Berlin - In seiner zwölfjährigen Amtszeit als Bundesverfassungsrichter hat Paul Kirchhof Urteile verantwortet, die den Fiskus Milliarden kosteten. Er sei der „teuerste Richter Deutschlands“, sagte der damalige Finanzminister Theo Waigel (CSU) über den heute 62-jährigen Professor. Kirchhof wurde 1987 von der Union nach Karlsruhe entsandt. Ihm gelang es vor allem im Steuerrecht, Urteile von grundlegender Bedeutung durchzusetzen. 1991 kippte der Zweite Senat, dem Kirchhof angehörte, die Zinssteuer. Da der Fiskus Zinserträge nicht ausreichend kontrollieren könne, sei die gleichmäßige Besteuerung der Bürger nicht gewährleistet, so die Begründung. Die Bundesregierung musste nach dem Urteil die Freibeträge drastisch erhöhen. Ein Jahr später erklärten Kirchhof und seine Kollegen das Existenzminimum für steuerfrei. Die Bürger müssten nach Begleichung ihrer Steuerschuld noch so viel übrig behalten, dass sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien bestreiten könnten.

Der Schutz vor einem zu tiefen Eingriff durch den Staat zieht sich durch Kirchhofs Richterkarriere. Im Juni 1995 entschied der Zweite Senat, dass die Vermögensteuer in ihrer bestehenden Form verfassungswidrig sei. Auf Kirchhofs Konto geht auch der Halbteilungsgrundsatz: Danach darf der Fiskus von den Bürgern nicht mehr als die Hälfte ihres Einkommens kassieren. Dass es Kirchhof gelang, diese Regel in einem Urteil festzulegen, sehen Steuerexperten als eine seiner bedeutendsten Karlsruher Hinterlassenschaften.

Besondere Beachtung fand auch ein Urteil vom November 1998. Der vierfache Vater Kirchhof verlangte in der Grundsatzentscheidung, dass der Staat verheirateten Eltern einen zusätzlichen Freibetrag für Kinderbetreuungskosten sowie einen Haushaltsfreibetrag gewähren muss. „Das war ein wichtiges und grundlegendes Urteil, das wir sehr begrüßt haben“, sagt der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, Marcus Ostermann. In der Urteilsbegründung forderten die Richter energisch, die Benachteiligung von Familien gegenüber Alleinerziehenden und kinderlosen Ehepaaren zu beseitigen. Für Kritiker war das ein Beleg für Kirchhofs konservatives Familienbild.

Jan Hildebrand

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