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Malala Yousafzai im vergangenen Juli bei ihrer Rede vor den Vereinten Nationen.

© AFP

Update

Sacharow-Preis für Kinderrechtsaktivistin: Die 16-jährige Malala aus Pakistan wird geehrt

Malala Yousafzai erhält den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit des EU-Parlaments. Die 16-Jährige hat sich in ihrer Heimat Pakistan für das Recht von Frauen auf Bildung eingesetzt - und ist dafür von den Taliban fast getötet worden.

Vor einem Jahr wurde Malala Yousafzai im umkämpften Swat-Tal in Pakistan von Taliban-Aufständischen in den Kopf geschossen. Heimtückisch in einem Schulbus, auf dem Heimweg vom Unterricht. Die Radikalislamisten wollten offenbar ein Zeichen setzen. Sie wollten zeigen was passiert, wenn sich Mädchen wie Malala öffentlich mit Hilfe westlicher Medien für die Bildung von Frauen in islamischen Ländern einsetzen. Der Einschüchterungsversuch war so massiv wie er nur sein konnte - doch Malala ließ sich auch durch schwerste Verletzungen nicht mundtot machen. Im Gegenteil: Der Schuss ins Gesicht des Mädchens ging für die Taliban nach hinten los. Die heute 16-Jährige wurde nach erfolgreicher Behandlung und Genesung weltweit zur Ikone für die Gleichberechtigung junger Frauen in islamischen Ländern.

Malala hat in einer weltweit beachteten Rede als erste Minderjährige vor den Vereinten Nationen gesprochen und sammelt internationale Menschenrechtspreise. Am Donnerstag erhielt sie den Sacharow-Preis der Europäischen Union. Einen Tag später könnte der Teenager mit dem Kopftuch sogar den Friedensnobelpreis erhalten. Malala ist mit ihrer beeindruckend ruhigen Art und ihrem Schicksal zur Inspiration für Millionen Menschen in ihrer pakistanischen Heimat geworden, die sich nach Wandel und Modernisierung in einer radikalisierten Gesellschaft sehnen. „Sie ist großartig. Ich hoffe, dass sie den Nobelpreis gewinnt, sie hat ihn verdient“, sagt eine ihrer früheren Klassenkameradinnen aus Pakistan, die aus Furcht vor den Taliban nicht namentlich erwähnt werden möchte. Das Wirken Malalas, die nach mehreren Notoperationen in einem Krankenhaus in Birmingham mit ihrem Vater Ziauddin, ihrer Mutter und ihren beiden Brüdern in Großbritannien geblieben ist, scheint in der Heimat erste Früchte zu tragen. Offizielle Statistiken aus ihrer Heimatregion zeigen, dass 2013 rund 20 Prozent mehr Mädchen im Swat-Tal auf staatliche Schulen gingen als noch ein Jahr zuvor, sagt Dilshad Begum, zuständig für Bildung von Frauen in der Gegend.

Malala war schon im Alter von elf Jahren bekanntgeworden. Unter einem Pseudonym hatte sie für die BBC ein Tagebuch in Urdu geführt - über das Leben als Mädchen unter dem strikten Gesetz der Scharia, über den Bürgerkrieg und das Morden in ihren so geliebten Bergen des Swat-Tals. Ihre wahre Identität gab Malala erst preis, als die Taliban offiziell vertrieben waren.
Doch am 9. Oktober 2012 schlug ein Überfallkommando zu. Auch zwei andere Mädchen wurden verletzt. Mit Hilfe der pakistanischen Regierung wurde Malala notoperiert und zur Weiterbehandlung nach Großbritannien geflogen. Das Geschoss war unter ihrem Auge eingedrungen und hatte nicht das Hirn getroffen. Inzwischen fast vollständig genesen, will Malala wieder in ihre Heimat zurückkehren und wenn möglich in die Politik gehen. Dort wird sie von ihrer erweiterten Familie sehnlichst erwartet.
Malala entfacht eine gigantische Medienmaschinerie. Vor kurzem brachte sie ihre Biografie heraus. Sie gibt Interviews, wird von der Queen eingeladen, tourt durch Talkshows, in Deutschland bei „Markus Lanz“ (ZDF), die Familie lässt sich von einer Medienagentur beraten. Das wird ihr in ihrer Heimat von Übelwollenden zum Vorwurf gebracht. Sie sei vom "Westen instrumentalisiert und aufgebaut", sagen ihre Kritiker. Die Taliban haben angekündigt, sie würden einen erneuten Versuch unternehmen, Malala zu töten.

Suu Kyi bekommt ihren Preis aus dem Jahr 1990 nachträglich überreicht

Der birmanischen Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi soll Ende Oktober im Europaparlament ihr Sacharow-Menschenrechtspreis aus dem Jahr 1990 überreicht werden. Das teilte das Parlament am Donnerstag auf seiner Website mit. Suu Kyi wurde damals für ihre politischen Aktivitäten in Birma ausgezeichnet, stand jedoch damals bereits unter Hausarrest der Militärjunta. Die mittlerweile 67-Jährige hatte 1991 auch den Friedensnobelpreis erhalten.

Die birmanische Oppositionsikone Aung San Suu Kyi wird ihren Sacharow-Preis aus dem Jahr 1990 in Empfang nehmen, wenn Malala im Europaparlament ausgezeichnet wird.

© dpa

Seit 1989 stand die Oppositionsführerin mit wenigen kurzen Unterbrechungen in Rangun unter Hausarrest. Suu Kyi und die NLD gewannen zwar die freien Wahlen 1992 mit einem Erdrutschsieg. Die Generäle erkannten das Wahlergebnis jedoch nicht an. Viele der gewählten NLD-Parlamentarier wurden verhaftet und gefoltert. Erst nach fast 20 Jahren ließ die Militärjunta ihre größte Widersacherin im November 2010 frei.

Im April 2012 wurde Suu Kyi nach den ersten freien Wahlen seit 1992 ins Parlament gewählt. Im Juni teilte sie mit, dass sie bei der Präsidentschaftswahl 2015 in Birma antreten wolle.

Der Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit wird seit 1988 jährlich vergeben. Das EU-Parlament zeichnet damit Persönlichkeiten und Institutionen aus, die sich besonders für Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten, die Achtung des Völkerrechts und die geistige Freiheit einsetzen. Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert. dpa/KNA

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